Nach der gewaltsamen Auflösung eines für drei Tage geplanten „Palästina-Kongress“ in Berlin rechnet die Polizei an diesem Wochenende mit spontanen Protestveranstaltungen. Die Veranstalter haben nach Polizeiangaben für Samstag eine Demonstration mit 1500 Menschen gegen das Verbot des Kongresses angemeldet. Die Polizei werde den Versammlungsraum entsprechend observieren, sagte ein Sprecher der Polizei Berlin am Samstagmorgen.
Auch im Stadtgebiet seien zahlreiche Polizistinnen und Polizisten in dem Kontext unterwegs und beobachteten die Lage, so eine Sprecherin. In der Nacht sei es zu keinen Vorkommnissen gekommen, sagte ein Sprecher am Morgen. Ursprünglich sollten rund 900 Beamte den zweiten Kongresstag am Samstag begleiten. „Mit welchem Kräfteeinsatz wir nun am Samstag unterwegs sind, hängt von der Situation ab“, erklärte die Sprecherin. Zunächst war unklar, ob die Veranstalter juristisch gegen die Auflösung vorgehen.
Polizei löst Veranstaltung nach zwei Stunden auf
Ein Großaufgebot der Polizei hatte die Veranstaltung am Freitag rund zwei Stunden nach Beginn aufgelöst. Die rund 250 Kongressteilnehmer wurden am frühen Abend aufgefordert, den Saal zu verlassen. Die Polizei kappte die Übertragung und schaltete den Strom zeitweise ab.
Als vermeintlichen Grund nannte die Versammlungsbehörde eine per Video übertragene Rede des palästinensisch-britischen Arztes Ghassan Abu Sittah. Dieser war während der andauernden Angriffe Israels auf Gaza als Helfer im Einsatz. Auch auf Drängen Israels wurde gegen ihn unter dem Vorwurf des Antisemitismus ein Betätigungsverbot in Deutschland durchgesetzt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens reagierten mit lautstarken Unmutsbekundungen. Sie skandierten unter anderem „schämt euch“ auf Englisch. Schließlich verließen sie nach und nach den Saal, teils begleitet von Polizisten. Ein Sprecher des Polizei-Lagezentrums sagte am späten Abend, dass es danach keine weiteren Proteste mehr gegeben habe, die Lage sei ruhig.
Organisatorin beklagt Repressionen
Die Organisatorin der Veranstaltung, Nadija Samour, hatte der Bundesregierung im Vorfeld der Veranstaltung vorgeworfen, den Kongress aktiv und unberechtigterweise behindern zu wollen. Von Seiten der Bundesregierung werde Druck ausgeübt, den Palästina-Kongress abzusagen, sagte Samour der Nachrichtenagentur Anadolu.
„Der Kongress kann nicht verboten werden. Die Versammlungsfreiheit schützt den Kongress. Genau deshalb hat sich die Polizei alle möglichen Schikanen einfallen lassen – sei es der Brandschutz oder die Gewerbeerlaubnis des Vermieters“, fügte sie hinzu.
Sittah, der eigentlich als einer der Hauptredner vor Ort sein sollte, sei durch die Polizei am Berliner Flughafen festgehalten worden, schilderte Samour.
„Sittah ist Dekan an der Universität von Glasgow. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er eine gefährliche Person ist oder zu Gewalt aufruft. Ganz im Gegenteil“, sagte die deutsch-palästinensische Aktivistin.