05.08.2021, Nordrhein-Westfalen, Münster: Zu Beginn des Prozesses im Missbrauchskomplex Münster sitzt die Mutter eines Opfers im Landgericht Münster und verdeckt ihr Gesicht mit einer Mappe. Die Anklage wirft der 31-Jährigen vor, den schweren sexuellen Missbrauch ihres heute elfjährigen Sohnes durch ihren Lebensgefährten nicht verhindert zu haben, obwohl sie davon wusste. (dpa)
Folgen

Im Missbrauchskomplex Münster hat am Donnerstag ein Prozess gegen die Mutter des als Hauptopfer geltenden Jungen vor dem Landgericht der nordrhein-westfälischen Stadt begonnen. Zum Auftakt wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, wie eine Gerichtssprecherin erklärte. Demnach wurde am ersten Verhandlungstag auch eine Mitarbeiterin des Jugendamts als Zeugin vernommen.
Die Staatsanwaltschaft legt der 31-Jährigen Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern durch Unterlassen zur Last. Sie soll gewusst haben, dass ihr Lebensgefährte Adrian V. ihren heute elfjährigen Sohn bei „unzähligen Gelegenheiten“ schwer sexuell missbrauchte.
Der Missbrauch soll überwiegend in der gemeinsamen Wohnung stattgefunden haben, wenn die Angeklagte nicht zu Hause war. In mehreren Fällen war sie laut Staatsanwaltschaft anwesend, griff aber nicht ein.
Zahlreiche Reisen ihres Lebenspartners mit ihrem Kind oder diverse Treffen mit gesondert angeklagten Tatverdächtigen in Münster und anderen Städten soll sie geduldet haben. Während dieser Reisen beziehungsweise Treffen kam es laut Anklagevorwurf ebenfalls zu schweren sexuellen Missbrauchshandlungen des Lebensgefährten und anderer Männer an dem Jungen. Mutter soll Missbrauch gewusst, aber nicht verhindert haben
Entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung als Mutter, ihr Kind zu beschützen, soll sie von den ihrem Partner vorgeworfenen Missbrauchshandlungen gewusst, diese aber nicht verhindert haben. Nicht nachzuweisen sei ihr jedoch, ob sie auch vom Missbrauch ihres Sohns durch andere Männer gewusst habe.
Unter anderem wird der 31-Jährigen außerdem vorgeworfen, während eines gemeinsamen Urlaubs in Dänemark ihren Sohn dazu ermuntert zu haben, eine sexuelle Handlung an ihrem Partner vorzunehmen. Bei einem anschließenden schweren sexuellen Missbrauch durch ihren Lebensgefährten sei sie dabei gewesen.
Ihr Lebensgefährte V. wurde bereits in einem gesonderten Verfahren zu 14 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Richter sahen es nach der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass er und vier weitere angeklagte Männer im Alter zwischen 28 und 43 Jahren Kinder schwerst sexuell missbraucht hatten. Unter anderem missbrauchten sie demnach Kinder zum Teil über Tage hinweg in einer Gartenlaube.
Die 31-jährige Mutter des heute elfjährigen Opfers hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert und befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Für das Verfahren sind zunächst zehn Verhandlungstage angesetzt.

AFP