Missbrauchsbetroffene wollen zügige Reformen in der Kirche / Photo: DPA (dpa)
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Die Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) geht aus Sicht von Betroffenen immer noch zu schleppend voran. Das wurde auf der Jahrestagung der EKD-Synode in Würzburg deutlich. Eine Studie unabhängiger Wissenschaftler hatte Anfang des Jahres gravierende strukturelle Mängel festgestellt. Demnach wurden jahrzehntelang Täter aus Pfarrhäusern und kirchlichen Einrichtungen geschützt, Opfer von Übergriffen nicht gehört.

Mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 mutmaßliche Täter wurden in der sogenannten Forum-Studie dokumentiert. Diese Fälle sind dem Forschungsverbund zufolge nur die „Spitze der Spitze des Eisbergs“.

Kritik: „Nicht alle Kräfte mobilisiert“

Betroffenen-Sprecher Detlev Zander sagte vor den 128 Synoden-Mitgliedern: „Die Spitze der Spitze des Eisbergs hat die Kirche nicht in dem Maße erschüttert, wie es nötig wäre. Es sind nicht alle Kräfte mobilisiert worden.“ Stattdessen gebe es immer noch Schockstarre und den Wunsch, dass es zwar Veränderungen geben solle, aber bitte nicht zu viele. Über sein Aufwachsen in einem evangelischen Kinderheim in Korntal (Baden-Württemberg) hat Zander ein Buch geschrieben. Dort sei er jahrelang vergewaltigt worden.

Trotz der Kindheit in der „Hölle“, wie er es nannte, engagiert sich Zander im EKD-Beteiligungsforum, in dem Betroffene und Kirchenvertreter sitzen. In dem von der Kirche eingesetzten Gremium wurden zwölf Maßnahmen als Konsequenzen aus der Forum-Studie entwickelt. Zu ihnen zählt die Schaffung einer zentralen unabhängigen Ombudsstelle, die Menschen, denen als Minderjährige Gewalt angetan wurde, im Konflikt mit Stellen der Kirche oder Diakonie unterstützen soll. Geplant sind außerdem die Überarbeitung der Gewaltschutzrichtlinie und die Verankerung des Themas in der Aus- und Weiterbildung.

Kirche will Rechte von Betroffenen stärken

Darüber hinaus sollen die Rechte von Missbrauchsbetroffenen im Disziplinarrecht gestärkt werden, eine Reform ist geplant. Sie werden unter anderem auch das Recht bekommen, persönlich gehört zu werden. „Wir versuchen, glaubwürdig aufzuarbeiten und systemische Gefahren zu erkennen, wollen Menschen schützen“, sagte die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs zum Auftakt der bis Mittwoch dauernden Tagung.

dpa