23.03.2021, Nordrhein-Westfalen, Köln: Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, spricht bei einer Pressekonferenz des Erzbistum Köln zur Vorstellung der Konsequenzen aus dem vergangene Woche veröffentlichten Missbrauchsgutachten des Strafrechtlers Gercke. (dpa)
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Die Kölner Katholiken fordern auch nach der Entlastung durch ein Gutachten einem Zeitungsbericht zufolge vehement den Rücktritt von Kardinal Rainer Maria Woelki. In einer Videokonferenz mit ehrenamtlichen Vertretern katholischer Pfarrgemeinden sei Woelki ungewöhnlich scharf attackiert und mehrfach zum Rücktritt aufgefordert worden, berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Donnerstag unter Berufung auf Teilnehmer.

Dem Kardinal würden fehlende Führungskompetenz und Glaubwürdigkeit vorgeworfen. Auch das am 18. März vorgelegte Missbrauchsgutachten sei ungeeignet, verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen. Eine Teilnehmerin erklärte dem Bericht zufolge, Woelki sei als langjähriger Geheimsekretär seines Vorgängers, Kardinal Joachim Meisner, und Weihbischof „viel zu lange und zu tief in das ‚System Meisner‘ involviert“, um jetzt glaubwürdig für eine Systemveränderung zu stehen.

Meisner wurden in dem juristischen Gutachten die meisten Pflichtverletzungen vorgeworfen, bei Woelki sahen die Gutachter hingegen keine Vergehen. Woelki sei von den Ehrenamtlichen aufgefordert worden, analog zu Spitzenpolitikern die politische Verantwortung für Fehler und Missstände unter seiner Führung oder mit seinem Wissen zu übernehmen.

Ermüdung und Unmut über Kardinal Woelki

Außerdem bekundeten die Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ ihre Ermüdung und ihren Unmut über Woelki. „Ich habe einen Erzbischof erlebt, der nach Worten ringt, aus Angst, etwas Falsches zu sagen, der kraftlos wirkt, in unseren Fragen nicht nach der Seele sucht und in allgemeinen Floskeln erklärt, warum doch alles richtig gewesen ist“, sagte ein Teilnehmer dem Bericht zufolge.

Woelkis Äußerung, das Missbrauchsgutachten biete eine Basis, auf der Vertrauen wieder wachsen könne, sei in der Runde umgehend widersprochen worden. Dabei sei auch auf die hohen Kirchenaustrittszahlen verwiesen worden.

Lisa Kötter, Mitbegründerin der Reformbewegung Maria 2.0, kritisierte den Umgang des Bistums Köln mit den Missbrauchsgutachten als „Drama“. Woelki sage, es liege am System, die Aktenführung sei nicht gut gewesen, sagte Kötter im Interview der Woche des Südwestrundfunks, das am Samstag im Radio ausgestrahlt wird.

Das sei eine Pervertierung dessen, was Kritiker des Systems mit dem System meinten. „Da geht es nicht um eine gute Aktenführung, sondern da geht es um dieses System von Gehorsam und Loyalität“, sagte Kötter. An diesem System von „einer hundertprozentigen Abwesenheit von Demokratie“ werde nicht gerührt.

dpa