Nordrhein-Westfalen, Odenthal: Zwei Frauen gehen mit Abstand zueinander am Altenberger Dom entlang. (dpa)
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„Mit Enttäuschung“ nehme er „zur Kenntnis, dass das Verbot von öffentlichen Gottesdiensten aller Religionsgemeinschaften derzeit erhalten bleiben soll“, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, am Mittwoch in Bonn. „Angesichts von ersten Lockerungsmaßnahmen in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens“ könne er dies „nicht nachvollziehen“.

Dies gelte insbesondere „nach der sehr deutlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der vergangenen Woche zu den schwerwiegenden Eingriffen in die Religionsfreiheit“, erklärte Bätzing. Seine Kirche habe „das Verbot von Versammlungen zur Religionsausübung bisher hingenommen, weil wir dieses Verbot vorübergehend für angemessen hielten“. Es greife allerdings „tief in das Recht der freien Religionsausübung ein“.

Die katholische Kirche wolle nun „einen Lösungsvorschlag einbringen, wie wir Religionsausübung und Infektionsschutz gleichermaßen gewährleisten können“, erklärte Bätzing. Selbstverständlich wisse sich die Kirche dabei „an die für alle Versammlungen in geschlossenen Räumen geltenden Kriterien und Bestimmungen gebunden“ und werde „die Einhaltung von Abstandserfordernissen kontrollieren“.

Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, wirbt für eine schrittweise Aufhebung des Gottesdienstverbots. „Wir erwarten, dass unter Berücksichtigung aller Schutzmaßnahmen den Religionsgemeinschaften wieder Möglichkeiten eröffnet werden, unter Berücksichtigung strenger Regeln in eingeschränktem Maß wieder zu Gottesdiensten zusammenzukommen“, sagte Sternberg nach einer Mitteilung des ZdK vom Donnerstag.

Politik zeigt sich kompromissbereit

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte unmittelbar nach dem Spitzengespräch zur Corona-Krise angekündigt, dass das Gespräch mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften gesucht werden solle. „Wir glauben, dass wir das regeln können“, auch wenn „kirchliches Leben in näherer Zukunft nicht wie gewohnt stattfinden“ könne. Die geltenden Kontaktbeschränkungen hatten bei Gläubigen zum Osterfest für breite Debatten gesorgt.

Das Bundesverfassungsgericht stufte das Gottesdienstverbot am Karfreitag zwar als rechtmäßig ein. Trotz des „schwerwiegenden Eingriffs in die Glaubensfreiheit“ habe der Schutz vor Gefahren für Leib und Leben Vorrang, hieß es. Doch die Karlsruher Richter verwiesen zugleich darauf, dass für die Abwägung auch die bisherige Befristung der Corona-Regeln bis zum 19. April von Bedeutung war. Darüber hinaus sei „eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit“ nötig.

Interaktiver Sonntagsgottesdienst auf sozialenNetzwerken

Indes bringt die Corona-Krise den sonntäglichen Gottesdienst an ungewöhnliche Orte: Der Stuttgarter Pfarrer Nicolai Opifanti bietet mit seiner Kollegin Sarah Schindler im sozialen Netzwerk Instagram Andachten an. Die Idee sei ihm gekommen, als bekannt wurde, dass keine analogen Gottesdienste in den Kirchen mehr gefeiert werden können, sagte Opifanti. Die Andachten werden jeweils am Sonntag veröffentlicht. In den Tagen zuvor können Zuschauer sich mit einbringen, etwa mit Gebetsanliegen oder Liederwünschen.

„Mir war megawichtig, dass es interaktiv ist und die Menschen gerade jetzt ihre Sorgen und Ängste loswerden und beten können“, sagt Opifanti. Sie seien überrascht gewesen, wie viele Zuschauer mitgemacht hätten. Er hoffe darauf, dass die Menschen den Stellenwert digitaler christlicher Angebote auch in Zeiten nach Corona wahrnähmen. Wenn er Menschen von seiner Arbeit auf Instagram erzähle, seien sie durchaus aufgeschlossen - auch seine Vorgesetzten. „Aber ich glaube, es ist ihnen noch nicht bewusst, wie gut man damit auch Menschen dienen kann - dass ich damit nicht nur lustige Videos produziere, sondern dass da echte Seelsorge geschieht, Freundschaften entstehen, ein Stück weit Glaube miteinander geteilt wird.“ Bislang ist Opifanti als „Pfarrerausplastik“ ehrenamtlich auf der Plattform unterwegs - mit etwa 20 bis 30 Stunden Aufwand pro Woche.

Auch die katholische Bloggerin Kira Beer hat in den vergangenen Wochen gespürt, dass es Menschen gibt, die in der Corona-Krise Halt in den sozialen Medien suchen. „Ich habe neulich eine Live-Andacht mit einem Pfarrer auf Instagram gemacht“, sagt die 20-Jährige, die auf Instagram sowohl privat als auch für die katholische Diözese Rottenburg-Stuttgart aktiv ist. Die Fürbitten zu der Andacht seien ebenfalls interaktiv gewesen. „Und die waren natürlich nur von diesem Thema bestimmt.“ Viele ihrer Kollegen, die in der Seelsorge im Netz tätig seien, hätten momentan großen Zulauf.

TRT Deutsch und Agenturen