In der Debatte um breitere Corona-Impfangebote für Kinder und Jugendliche hat der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, die Ständige Impfkommission (Stiko) zu einer Neubewertung ihrer Position aufgerufen. „Bereits heute dürfen Ärztinnen und Ärzte entsprechend der aktuell gültigen Stiko-Empfehlung nach intensiver Aufklärung Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren impfen“, sagte Fischbach der „Rheinischen Post“. „Ich persönlich bin ein Befürworter dieser Impfungen. Das Risiko von Nebenwirkungen durch die Impfung ist extrem gering, das zeigen alle Daten aus anderen Ländern.“ Daher wünsche er sich „eine zeitnahe Neubewertung durch die Stiko“. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte im Mai den Covid-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren zugelassen, zuletzt folgte auch die Freigabe für Moderna. Für Deutschland empfiehlt die Stiko die Impfung trotz heftigen politischen Drucks bisher jedoch nur vor allem Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben.
Länder wollen Impfungen für 12- bis 17-Jährige anbieten
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten am Montag eine Ausweitung der Impfmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche beschlossen. Alle Länder wollen Impfungen für 12- bis 17-Jährige nun auch in regionalen Impfzentren anbieten, so wie es auch schon in Arztpraxen möglich ist. Betont wurde, bei Impfungen von Kindern und Jugendlichen seien ärztliche Aufklärung und gegebenenfalls das Ja der Sorgeberechtigten nötig. Die Angebote seien so auszugestalten, dass die „Freiwilligkeit der Annahme“ nicht in Frage gestellt werde. Die konkrete Umsetzung vor Ort liegt nun jeweils bei den Ländern. Der Deutsche Hausärzteverband kritisierte das Vorgehen ohne vorherige Empfehlung der Stiko. „Diese Diskussion unter Missachtung der Kompetenz der Ständigen Impfkommission kann eher zur Verunsicherung führen, als dass sie der Impfkampagne hilft“, sagte dessen Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Das Risiko liegt mehr bei den nicht impfwilligen Erwachsenen als bei den Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren.“
Verband wittert „Wahlkampfgetöse“
Für Kinder und Jugendliche mit hohem Risikopotenzial gebe es ja bereits eine Impfempfehlung. „Warum eine Empfehlung der Stiko dazu zunächst nicht abgewartet werden kann, die sich auf Basis von fundierten Studien zeitnah äußern will, ist mir schleierhaft. Das Ganze klingt ein wenig nach Wahlkampfgetöse.“