Kulturstaatsministerin Monika Grütters setzt bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte auf die Arbeit im neuen Humboldt Forum. „Ich begrüße es sehr, dass die Kolonialismusdebatte durch das Humboldt Forum richtig Fahrt aufgenommen hat“, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
„Das Humboldt Forum ist zu einem Katalysator geworden und wird daran gemessen werden, wie es mit diesem Thema umgeht“, sagte Grütters. „Es geht dabei auch um unser aller Glaubwürdigkeit. Denn die Herkunftsgesellschaften fragen zurecht danach, wie ernsthaft wir diesen Aspekt unserer Geschichte aufarbeiten.“
Das 677 Millionen Euro teure Zentrum für Kultur, Kunst und Wissenschaft ist coronabedingt bisher nur digital eröffnet. Das Humboldt Forum nutzen künftig zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin und die Humboldt-Universität. Gezeigt werden künftig Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins.
Umstritten ist dabei etwa die Präsentation von Objekten aus kolonialen Zusammenhängen. Das Ethnologische Museum verfügt über rund 530 historische Objekte aus dem Königreich Benin, darunter etwa 440 der so genannten Benin-Bronzen, die weitgehend als Objekte aus Unrechtskontexten kolonialer Zeiten gelten.
Debatte nicht durch den Bau des Humboldt Forums belastet
Grütters setzt auf einen offenen Prozess. „Wenn am Ende einer solchen Debatte etwa um die Benin-Bronzen Rückführungen stehen, könnten in den Ausstellungsräumen im Humboldt Forum Leerstellen bleiben, die den Besucherinnen und Besuchern diesen bisher vernachlässigten Teil unserer Geschichte vor Augen führen“, sagte sie. „Da die Benin-Bronzen auf viele europäische Staaten verteilt sind, ist es angebracht, dass wir uns in der Benin Dialogue Group auf europäischer Ebene abstimmen.“ In der Initiative arbeiten seit 2010 Museen aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Österreich und Schweden mit nigerianischen Partnern und Vertretern des Königshofs von Benin zusammen.
Grütters sieht die Debatte nicht durch den Bau des Humboldt Forums belastet. Das Gebäude steckt hinter der rekonstruierten Fassade des Hohenzollernschlosses. Auf der Kuppel mit Kreuz fordert ein Spruch die Unterwerfung aller Menschen unter das Christentum.
„Eine Gruppe von Historikern hat sich intensiv mit dem Spruchband beschäftigt und sich dafür ausgesprochen, nicht nur die gesamte Fassade originalgetreu zu rekonstruieren“, sagte Grütters. Dazu gehöre dann auch das Spruchband Friedrich Wilhelms IV. „Das ist keinesfalls eine Botschaft für die heutige Zeit, sondern sie atmet einen vergangenen Geist und muss deshalb unbedingt diskutiert und kontextualisiert werden.“
Auch im Kreuz sieht Grütters keine Belastung für die Aufarbeitung. „Als praktizierende und engagierte Katholikin steht das Kreuz für mich für Weltoffenheit, Toleranz und Nächstenliebe.“