Die Bundesregierung rechnet mit einem Investitionsbedarf der Bahn in Deutschland von 88 Milliarden Euro bis 2027. Das geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage des Linken-Haushaltsexperten Victor Perli hervor, die am Sonntag in Berlin bekannt wurde. Zu der Frage, wie dies finanziert werden solle, äußerte sich die Regierung unter Hinweis auf das laufende Verfahren zur Haushaltsaufstellung nicht.
Von den erwarteten Kosten insbesondere für Ausbau und Sanierung des maroden Schienennetzes sind bislang 43 Milliarden Euro in der Finanzplanung des Bundes berücksichtigt. Zu den verbleibenden 45 Milliarden Euro hatte es Ende April einen Beschluss des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP gegeben, wonach zur Finanzierung unter anderem Mittel der Lkw-Maut herangezogen werden sollen. Dies wurde nun von der Regierung noch einmal bekräftigt.
In der Regierungsantwort wird klargestellt, dass in diesen 45 Milliarden Euro keine bereits eingeplanten Mittel enthalten seien, sondern dies zusätzliche Mittel seien. Die Gesamtsumme betrage somit 88 Milliarden Euro für den Zeitraum 2024 bis 2027, hieß es.
Linken-Politiker Perli kritisiert mangelnde Finanzierung für Bahnprojekte
„Die Stärkung der Bahn benötigt viel mehr Mittel als die Ampelkoalition bislang zur Verfügung stellt“, erklärte dazu Perli. Er kritisierte, die Ausbauziele für die Bahn seien bislang „komplett unterfinanziert“. Die Ampelkoalition verabschiede sich „damit still und heimlich von ihrem Koalitionsversprechen, den Personenverkehr bis 2030 zu verdoppeln und ein Viertel Güterverkehr auf die Schiene zu bringen“.
Um diese Ziele noch zu erreichen, müsse die Regierung bis 2027 doppelt so viel in die Bahn investieren wie bisher von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorgesehen, erklärte Perli. Er forderte, dafür sofort eine „milliardenschwere Investitionsoffensive“ einzuleiten. Die Bahn müsse „vor allem in ländlicheren Regionen attraktiver und zu einer Alternative zum Pkw werden“. Dies sei wichtiger als „unsinnige, teure Prestigeprojekte“ wie das umstrittene Vorhaben Stuttgart 21.
Ein Entwurf der Bundesregierung für den Haushalt 2024 und die mittelfristige Finanzplanung liegt bisher nicht vor - auch wegen Meinungsverschiedenheiten in der Ampelkoalition. Auf den im März üblichen Eckpunktebeschluss der Regierung zum Haushalt hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) deswegen verzichtet. Auch der Termin für die Kabinettsbefassung mit dem Haushaltsentwurf Ende Juni wurde inzwischen verschoben. Er könnte nun im Juli erfolgen, ein Datum gibt es offiziell aber bislang nicht.