In einem Bericht vom Freitag hat die Süddeutsche Zeitung vor dem Netzwerk und der Ausbreitung der Fetullahistischen Terrororganisation (FETÖ) in Deutschland gewarnt. Insbesondere in Schwaben habe die Organisation Fuß gefasst.
Christian Rumpf, Anwalt und Experte für türkisches Recht, verwies dabei auf die Intransparenz der Organisation und verglich die Sekte mit der Geheimgesellschaft der Illuminati – wobei FETÖ der gefährlichere Bund sei: „Gülens Anhänger erlangten die Strukturen einer riesigen Gemeinde mit starkem Zusammenhalt und loyalen Seilschaften in allen gesellschaftlichen Bereichen – ein fast geheimer Bund mit größerer Macht als die sagenhaften Illuminati.“
Nach dem SZ-Bericht hat die Organisation in Bayern und insbesondere in Schwaben Fuß gefasst. In Augsburg sei das Netzwerk seit 30 Jahren aktiv, meist unerkannt. Vor 2016 habe es etwa 150 Erwachsene umfasst. Neben einem sogenannten Bildungszentrum, das sich „Frohsinn“ nenne, haben FETÖ-Anhänger demnach in Augsburg Kindergärten, Wohnheime und einen Frauenverein gegründet. Zahlreiche Schwestervereine von „Frohsinn“ existieren laut SZ in München, Ingolstadt, Neu-Ulm und Ravensburg – allesamt geführt und mit Verbindungen zur Vision Privatschulen gGmbH. Die Verbindungen würden jedoch von den Betreibern und Anhängern abgestritten.
Nach außen hin präsentierten sich die Anhänger des FETÖ-Chefs Fetullah Gülen jedoch als türkische Oppositionelle und Demokraten. Ähnlich reagierten die Anhänger zu Fragen nach den zwielichtigen Strukturen und ihrem Anführer. Viele der Anhänger würden ihre Mitgliedschaft sogar ganz abstreiten.
Von der Stadtverwaltung verdächtigt, von Bayern gefördert
Matthias Garte, ehemaliger Integrationsbeauftragter von Augsburg, erklärt, dass „Frohsinn“ bereits seit Jahren verdächtigt worden sei: „Wir ahnten, dass dahinter ein Netzwerk stand. Bis zu meinem Ausscheiden 2015 stritten die Verantwortlichen ab, dass der Islam oder ein Netzwerk bei ihnen eine Rolle spielt“, so Gerte.
In dem Bericht wird auch auf die staatliche Unterstützung der „Gülen-Bewegung“ aufmerksam gemacht. Bayern fördert etwa den Bildungsverband der Organisation unter dem Namen „Frohsinn“ mit 975.000 Euro pro Jahr.
Zwischen 2016 und 2020, kurz nach dem vereitelten Putschversuch in der Türkei, haben in Deutschland nach den Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 32.000 türkische Staatsbürger Asyl beantragt. In Bayern sind es 3500 Personen, darunter viele FETÖ-Anhänger.
Ankara warnt seit geraumer Zeit vor den Aktivitäten der konspirativen Organisation im Ausland. Der türkische Sicherheitsrat bezeichnet FETÖ als eine der größten Bedrohungen für die nationale Sicherheit und geht daher entschlossen gegen ihre Strukturen vor. „Gülenisten“ hatten über Jahrzehnte hinweg staatliche Institutionen in der Türkei infiltriert, um die Kontrolle über den Staatsapparat zu erlangen. Der FETÖ-Anführer Fetullah Gülen wird als Drahtzieher für den vereitelten Putschversuch in der Türkei in der Nacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 verantwortlich gemacht.