Der Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zu den rassistisch motivierten Morden in Hanau 2020 streitet mit Generalbundesanwalt Peter Frank über die Unterstützung der parlamentarischen Aufklärungsbemühungen. Der Ausschussvorsitzende Marius Weiß (SPD) hat den Chef der Karlsruher Ermittlungsbehörde für den 4. Juli zu einer nicht öffentlichen Sitzung des Gremiums in Wiesbaden geladen. Weiß zog am Montag eine Zwischenbilanz der bisherigen Tätigkeit des im Juli 2021 eingesetzten Gremiums.
Schwärzung in Akten und neues Videomaterial wirft Fragen auf „Erörterungsbedarf“ gibt es nach Angaben des SPD-Politikers im Streit mit Frank vor allem um eine umfangreiche Schwärzung in Akten, die die Bundesanwaltschaft dem Ausschuss überlassen hat. Klärungsbedarf gäbe aus auch um dem Gremium vorenthaltene Videosequenzen sowie Bilder aus einer Überwachungskamera. Letztere waren bei der Ausstellung des Investigativ-Projektes „Forensic Architecture“ im Frankfurter Kunstverein zu sehen. Diese liegen nach Angaben von Weiß aber dem Ausschuss nicht vor. Bei der Ausstellung wurden auch Aufnahmen einer Überwachungskamera vom Tatort Arena Bar kurz vor den Morden gezeigt. Weiß betonte, der Untersuchungsausschuss habe bewusst gleich am Anfang die Angehörigen der Ermordeten angehört. Es bleibe auch dabei, dass für jede Familie der neun Ermordeten in allen öffentlichen Ausschusssitzungen ein Platz reserviert sein werde. Wegen der Erwartungen der Angehörigen und der Öffentlichkeit sei der Druck auf den Untersuchungsausschuss enorm. Gerade deshalb bemühe sich Weiß um ein „besonderes Maß an Transparenz“. Nicht öffentlich getagt werde nur, wenn es rechtlich unumgänglich sei.
Ausschuss soll Arbeit möglichst bis zu den Landtagswahlen abschließen
In den bisher 17 Sitzungen wurden laut Weiß 20 Zeugen und 6 Sachverständige gehört. Von den insgesamt 105 weiteren Benannten würden womöglich nicht mehr alle angehört. Der Ausschuss solle seine Arbeit möglichst bis Sommer 2023 und damit rechtzeitig vor der im darauffolgenden Herbst anstehenden Neuwahl des Landtages abschließen. Bislang hätten die Abgeordneten von 14 Behörden hunderte Aktenordner erhalten und gesichtet. Als wichtigste noch zu klärende Fragen gelten, warum der Täter eine Waffenbesitzkarte hatte, der Notausgang in einem Lokal trotz vorheriger Hinweise der Behörden verschlossen blieb und der polizeiliche Notruf an dem Abend nicht erreichbar war.
Auf Antrag der Oppositionsparteien SPD, FDP und Linke untersucht der Ausschuss mögliche Versäumnisse der Behörden vor und nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau aufklären. Dem Einsetzungsbeschluss hatten im Landtag auch die Regierungsparteien CDU und Grüne zugestimmt, lediglich die AfD-Fraktion stimmte dagegen.