In Österreich ist die umstrittene „Islam-Landkarte“ wieder online gesetzt worden, die ein Wiener Religionspädagoge mit Rückendeckung des Integrationsministeriums entworfen hatte. Das berichtete das Nachrichtenportal „oe24“ am Dienstag. Die Seite war für rund zwei Wochen nur „eingeschränkt verfügbar“. Sie sollte Medienberichten zufolge „überarbeitet“ und teilweise zugangsbeschränkt werden. Es ist aber vorerst nicht zu erkennen, dass dies geschehen wäre.
Die erstmals vor einigen Wochen veröffentlichte „Islam-Landkarte“ kennzeichnet mehr als 600 islamische Vereine und Moscheen in Österreich mit genauer Ortsangabe und den dahinterstehenden Dachorganisationen. Zu jeder der aufgeführten Einrichtungen soll es offenbar eine Erklärungsseite geben, auf der tatsächliche oder vermutete Hintergründe und internationale Verbindung der Dachverbände dargestellt werden.
Schon wenige Tage nach der Erstveröffentlichung eskalierte die Situation in Österreich. Unbekannte, einige Medien sprachen von „Identitären“, hängten muslimfeindliche „Warnschilder“ in der Nähe von Moscheen auf. Das verunsichert die muslimische Gemeinde in der Alpenrepublik.
Zuletzt wurde in der Stadt Graz ein „Warnschild“ mit der Aufschrift „Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe“ unweit einer Moschee entdeckt. Die Polizei demontierte das Plakat, berichtete der österreichische „Kurier“ am Dienstag. Gegen die Täter werde wegen Verhetzung ermittelt.
Gegenüber TRT Deutsch sprach sich der Wiener SPÖ-Landtagsabgeordnete Omar al-Rawi gegen die Landkarte aus: „Ich glaube, dass die Befürworter der Karte noch immer nicht verstanden haben, wo die Kritik liegt. Zum einen darf vom Datenschutz her die Vernetzung von Daten nicht auf diese Weise vorliegen. Zum anderen steht die Karte wissenschaftlich auf sehr dünnen Beinen, beispielsweise mit falschen Informationen und Adressen. Auch deshalb soll die Universität Wien die Verwendung ihres Logos untersagt haben.“
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland kritisierte die österreichische Regierung für die Einführung der umstrittenen „Islam-Landkarte“ ebenfalls scharf. „Mit Kampfbegriffen wie ‚Politischer Islam‘ und solchen Aktionen werden gleichwohl antimuslimische Rassisten wie religiöse Extremisten gestärkt, aber auch Millionen von Muslimen unter Generalverdacht gestellt“, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Aiman Mazyek, Anfang Juni.
Neben Islam-Vertretern kritisierten auch Kirchen-Vertreter die Veröffentlichung der Karte. Der Wiener Kardinal und Erzbischof, Christoph Schönborn, sagte in seiner Fronleichnamspredigt im Stephansdom, er sorge sich um den Erhalt des Religionsfriedens in Österreich. Bei aller berechtigten Vorsicht und Sorge um die öffentliche Sicherheit dürfe nie vergessen werden, dass jeder Mensch völlig unabhängig von Herkunft und Weltanschauung als Ebenbild Gottes „eine unzerstörbare Würde“ habe, so Schönborn. Dazu gehöre auch der Respekt vor der „Gegenwart Gottes im Leben der anderen Religionen“.