Der frühere österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz ist wegen Falschaussage angeklagt worden. Wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Freitag in Wien mitteilte, werden dem konservativen Ex-Kanzler falsche Aussagen im Zusammenhang mit der Besetzung eines Chefpostens bei einer österreichischen Staatsholding vorgeworfen. Der Prozess soll am 18. Oktober vor dem Wiener Landesgericht für Strafsachen beginnen. Im Falle einer Verurteilung könnten dem 36-Jährigen bis zu drei Jahre Haft drohen.
Ankläger: Kurz hat 2020 vor Parlamentsausschuss gelogen
Kurz wurde lange Zeit in Österreich und auch im Ausland für seinen steilen Aufstieg in der Politik bewundert; 2017 wurde er im Alter von 31 Jahren der jüngste Regierungschef weltweit. Infolge verschiedener Korruptionsvorwürfe sah er sich gezwungen, im Oktober 2021 zurückzutreten. Danach zog er sich vollständig aus der Politik zurück.
Nach Erkenntnissen der Ankläger soll Kurz in der Befragung durch einen Parlamentsausschuss im Jahr 2020 gelogen haben, als es um die Frage ging, ob er bei der Besetzung des Chefpostens der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG zugunsten seines Vertrauten Thomas Schmid interveniert habe.
Bei Bekanntwerden der Affäre hatte Kurz alles bestritten, doch im Frühjahr 2021 bekannt gewordene Chats zwischen ihm und Schmid schienen den Verdacht der Ermittler zu bestätigen. Demnach hatte der damalige Kanzler seinem Vertrauten unmittelbar vor dessen Bestellung zum Vorstand der Holding geschrieben: „Kriegst eh alles, was Du willst“. Schmid antwortete darauf, er sei so glücklich: „Ich liebe meinen Kanzler“.
Weitere Ermittlungen gegen Ex-Kanzler Kurz
Kurz erklärte am Freitag im Onlinedienst X (vormals Twitter), die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien falsch. „Wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen“, fügte er hinzu. „Bemerkenswert und rechtsstaatlich nicht unbedenklich“ sei allerdings, dass die Medien einmal mehr vor den Betroffenen über den Verfahrensstand informiert worden seien, erklärte der Ex-Kanzler.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte noch vor Bekanntgabe der Anklage den Schritt begrüßt. Damit bestehe „endlich die Möglichkeit der Aufklärung“ und das auch für alle „betroffenen Personen“, sagte Nehammer bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Salzburg.
Es ist die erste Anklage gegen den früheren österreichischen Regierungschef. Derzeit laufen noch weitere Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts, öffentliche Gelder missbraucht zu haben, um mit geschönten Umfragen in einflussreichen Boulevard-Medien seinen politischen Aufstieg zu fördern.