Aufregung in der 2100-Seelen-Gemeinde St. Martin im Innkreis. Nach einer Bombendrohung, die sich offenbar gegen eine Versammlung der „Türkischen Sozialdemokraten“ im Ort richtete, ermittelt nun die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). Über den Vorfall, der sich bereits am 26. Dezember (Stefanitag) des Vorjahres zugetragen hatte, berichteten die „Oberösterreichischen Nachrichten“ (OÖN).
Kroatischer Gottesdienst abgesagt
Demnach habe sich an besagtem Tag kurz nach Mittag ein Anrufer bei der Polizei gemeldet, der „in gebrochenem Deutsch“ einen bevorstehenden Anschlag in der Gemeinde angekündigt hätte. In weiterer Folge wurden mehrere Polizeistreifen, Hundestaffeln sowie die Spezialeinheit Cobra mobilisiert, um nach einem allfälligen Sprengsatz zu suchen. Gefunden werden konnte keiner.
Für den Stefanitag waren zwei größere Veranstaltungen in der Gemeinde angekündigt. Zum Zeitpunkt des Anrufs fand im örtlichen Volksheim die Generalversammlung der „Türkischen Sozialdemokraten“ statt, an der etwa 40 Personen teilnahmen. Für 16.30 Uhr war in der Kirche des Ortes ein Gottesdienst für die kroatischen Katholiken der Gemeinde geplant. Dieser wurde aus Sicherheitsgründen abgesagt.
Lärm als das eigentliche Problem?
Von einem möglichen Rassismusproblem in der Gemeinde im oberösterreichischen Innviertel, das traditionell eine Hochburg der rechten FPÖ und seit jüngster Zeit auch eine der Impfgegner-Partei MFG ist, spricht man jedoch nicht gerne. Vielmehr müsse, so heißt es in Berichten lokaler Medien, erst ermittelt werden, ob es sich nicht um einen „Scherzanruf“ gehandelt habe.
Kritik wird stattdessen an den Verantwortlichen für das Volksheim selbst laut. Anrainer hätten sich, so schreiben die OÖN, „schon mehrmals beschwert, dass es bei Veranstaltungen zu Lärmbelästigungen komme“. Das Medium weist in diesem Kontext darauf hin, dass das Volksheim „oftmals auch von ausländischen Mitbürgern als Feier-Location verwendet“ würde.
Im Vorjahr Provokation mit überklebten Ortsschildern
Auch Bürgermeister Hans Peter Hochhold macht eher der Unmut der Anwohner über die angebliche Lärmbelästigung Sorge als die mutmaßliche Drohung gegen eine türkische Einwanderervereinigung. „Mir ist bekannt, dass es mit mehreren Nachbarn Probleme gibt“, erklärt er gegenüber den OÖN. Da das Volksheim offiziell als Veranstaltungsort genehmigt sei, könne man dagegen aber wenig unternehmen. Zudem habe man als Gemeinde kein Durchgriffsrecht.
Anrainer hätten sich zudem beschwert, dass die Corona-Vorgaben bei der Veranstaltung nicht beachtet worden wären. Die Bezirkshauptmannschaft Ried bestätigte auch, dass es keine 2G-Regel bei „dringend notwendigen Vereinsveranstaltungen“ gebe.
Im Vorfeld des Vorfalls wurden in den sozialen Medien Meldungen verbreitet, in der Gemeinde seien fünf Ortstafeln von St. Martin mit Papierzetteln überklebt worden, auf denen „St. Zagreb“ stehe. Im Jahr 2020 war dies tatsächlich geschehen. Wer hinter der mutmaßlichen Provokation stand, konnte nicht ermittelt werden. 2021 hatte sich die Tat jedoch nicht wiederholt.
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