Ungarns Oberstes Gericht hat finanzielle Entschädigungen für Roma-Kinder angeordnet, die im Schulunterricht jahrelang diskriminiert wurden. Damit bestätigte das Gericht in Budapest am Dienstag ein Urteil aus der Vorinstanz, welches der rechtspopulistische ungarische Ministerpräsident Viktor Orban als „ungerecht“ bezeichnet hatte.
In dem Fall geht es um die Familien von etwa 60 Roma-Kindern aus der ostungarischen Stadt Gyöngyöspata, die über Jahre getrennt von den anderen Kindern unterrichtet wurden. Die Separation von Schülern auf ethnischer Grundlage ist in Ungarn illegal. Vor allem auf dem Land ist diese Praxis jedoch nach wie vor weit verbreitet.
Nach Angaben von Betroffenen erhielten Roma-Kinder in Gyöngyöspata zwischen 2004 und 2017 eine minderwertige Schulbildung und durften nicht am Schwimm- und Computerunterricht sowie an Ausflügen teilnehmen.
Bis zu 280.000 Euro Entschädigung
Gegen die Grundschule sowie die verantwortlichen Kommunalbehörden hatte die Kinderrechtsorganisation Chance for Children Foundation im Namen der betroffenen Familien geklagt. In einem Urteil vom vergangenen September gab ein Gericht in Debrecen den Roma-Familien Recht und ordnete finanzielle Entschädigungen in Höhe von bis zu 99 Millionen Forint (280.000 Euro) an.
Orban hatte die Gerichtsentscheidung öffentlich als „zutiefst unfair“ verurteilt. Die Mehrheitsgesellschaft sei darüber verärgert, dass Roma-Familien Geld erhielten, „ohne dafür zu arbeiten“, erklärte der immer wieder für rassistische Äußerungen kritisierte rechtspopulistische Politiker. Ursprünglich hatte Orbans Regierungspartei Fidesz eine landesweite Umfrage in der Bevölkerung zu dem Gerichtsurteil geplant. Wegen der Corona-Krise musste die Befragung jedoch verschoben werden.
Kritiker von Orbans rechtspopulistischer Regierung hatten gewarnt, dass eine solche Umfrage die Unabhängigkeit der Justiz weiter beschneiden und Vorurteile gegen die Roma-Bevölkerung zusätzlich befeuern könne.