Ausgebrannte Autos, fliegende Feuerwerkskörper und Tausende Sicherheitskräfte in voller Montur: In der dritten Nacht in Folge hat es in Frankreich nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle Krawalle im Großraum Paris und weiteren Städten gegeben. 40.000 Polizisten waren in der Nacht zu Freitag landesweit mobilisiert, um die Gewalt einzudämmen. Spezialkräfte und Hubschrauber kamen in etlichen Städten zum Einsatz, berichteten die Zeitung „Le Parisien“ und der Sender BFMTV. Wie Innenminister Gérald Darmanin mitteilte, gab es 667 Festnahmen. Nach Angaben seines Ministeriums wurden in der Nacht zudem 249 Polizisten und Gendarmen verletzt.
In Lille, Lyon und in Bordeaux kamen Spezialeinheiten der Polizei zum Einsatz. In Grenoble wurde ein Bus mit Feuerwerkskörpern beschossen und die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe legten daraufhin die Arbeit nieder. Bilder aus dem Großraum Paris zeigten ausgebrannte Autos und Ausschreitungen. In Aubervilliers bei Paris brannten BFMTV zufolge unter anderem zwölf Busse des öffentlichen Nahverkehrs aus.
Auch in Belgiens Hauptstadt Brüssel kam es am Donnerstagabend zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Ordnungskräften. Sie hätten sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Ordnungskräften geliefert und es habe mehrere Brände gegeben, teilte die Polizei mit.
Eine Motorradstreife in Nanterre bei Paris hatte den 17-jährigen Nahel am Dienstagmorgen am Steuer eines Autos gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel der tödliche Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. Gegen den Beamten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet, er kam in Untersuchungshaft. Der Einsatz der Waffe bei der Kontrolle war nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht gerechtfertigt.
Mutter des erschossenen Jugendlichen vermutet rassistisches Motiv
Die Mutter des erschossenen Jugendlichen sagte unterdessen gegenüber dem Sender France 5, dass der Polizist „das Gesicht eines Arabers, eines kleinen Kindes“ sah und „ihm das Leben nehmen“ wollte. Sie sei nicht auf die ganze Polizei sauer. „Ich bin auf eine Person sauer: denjenigen, der meinem Sohn das Leben genommen hat.“
Wie der Anwalt des inhaftierten Polizisten gegenüber dem Sender BFMTV sagte, bedauere der Beamte den Schuss auf den Jugendlichen. Mit seinen ersten und seinen letzten Worten habe er sich bei dessen Familie entschuldigt. Er sei am Boden zerstört, er stehe nicht morgens auf, „um Menschen zu töten. Er wollte nicht töten.“
Im Anschluss an einen Trauermarsch für den erschossenen Jugendlichen mit 6000 Teilnehmern kam es in Nanterre am Donnerstagabend zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei. Die Beamten wurden mit Molotow-Cocktails beworfen, die Polizei überwachte die Lage mit Hubschraubern und zog Spezialkräfte zusammen. 19 Menschen wurden festgenommen.
In dem Pariser Vorort wurde zudem eine Bankfiliale in Brand gesetzt, wobei die Flammen auf ein darübergelegenes Wohngebäude übergriffen. Die Feuerwehr löschte den Brand, ohne dass Menschen zu Schaden kamen.
In der Hafenstadt Marseille gerieten in der Nacht Hunderte Protestierende mit der Polizei aneinander, Geschäfte wurden geplündert und 14 Menschen festgenommen.