EU-Staaten einigen sich auf Asylkompromiss (Symbolbild) / Photo: DPA (dpa)
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Die in der Europäischen Union zusammengeschlossenen Staaten haben sich auf die umstrittene Krisenverordnung geeinigt, ein zentrales Element der EU-Asylreform. „Mit der heutigen Einigung sind wir in einer besseren Position, um eine Einigung über den gesamten Asyl- und Migrationspakt mit dem Europäischen Parlament zu erzielen“, teilte der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska Gómez am Mittwoch in Brüssel mit. Spanien hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Die EU will vor der Europawahl im Juni 2024 eine groß angelegte Asylreform verabschieden.

Die sogenannte Krisenverordnung, eines der insgesamt zehn Gesetzesvorhaben des Reformpaketes, sieht Sonderregeln für EU-Staaten vor, die unter besonders hohem Migrationsdruck stehen. Dazu zählt, dass Asylsuchende vor der Registrierung vier Wochen unter haftähnlichen Bedingungen an der Außengrenze festgehalten werden dürfen.

Die EU-Staaten hatten in den zurückliegenden Monaten lange um den Gesetzesvorschlag gerungen. Widerstand kam auch aus Deutschland, weil im sogenannten Krisenfall auch Standards bei Unterbringung und Versorgung abgesenkt werden sollten.

Das EU-Parlament hatte daraufhin die Verhandlungen zu zwei anderen Gesetzesvorhaben der Asylreform ausgesetzt, um Druck auf die EU-Staaten auszuüben. Daraufhin schien die groß angelegte EU-Asylreform auf der Kippe zu stehen.

Außenministerin Baerbock zufrieden mit Einigung

Nach der Einigung der EU-Botschafter am Mittwoch zeigte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zufrieden. „Nachdem über Monate keine der deutschen Vorschläge zu Humanität und Ordnung in die Krisenverordnung aufgenommen wurden, konnte dies letzte Woche in einer gemeinsamen Kraftanstrengung erreicht werden“, erklärte sie.

Die spanische Ratspräsidentschaft veröffentlichte den Text des Gesetzentwurfs, auf den sich die EU-Botschafter am Mittwoch geeinigt haben, zunächst nicht. Laut Baerbock sollen humanitäre Mindeststandards wie der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung auch im Krisenfall garantiert bleiben. Die Krisenverordnung greife nur in „sehr stichhaltig begründeten Fällen“. Sie dürfe das gemeinsame Asylsystem „nicht durch die Hintertür“ aushöhlen «wie ein Schweizer Käse», erklärte Baerbock. Im Krisenfall greife außerdem ein verpflichtender Solidaritätsmechanismus, um die betroffenen Staaten zu entlasten.

Amnesty: Menschenrechte könnten auf der Strecke bleiben

Amnesty International warnte nach der Einigung, die Eile bei den Verhandlungen so kurz vor der Europawahl dürfe nicht dazu führen, dass Menschenrechte auf der Strecke blieben. Die Krisenverordnung würde es den Staaten ermöglichen, die Registrierung von Asylbewerbern zu verzögern, die Inhaftierung an den Grenzen auszuweiten und mehr Asylbewerber in die umstrittenen Grenzverfahren zu schicken. Die Krisenverordnung werde den Ausnahmezustand an den Grenzen und das Abweichen von geltendem Recht damit normalisieren.

Rund 519.000 Asylanträge wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in der EU, Norwegen und der Schweiz registriert. Das sind nach Angaben der EU-Asylagentur (EUAA) 28 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Mit rund 30 Prozent entfiel der größte Anteil der gestellten Asylanträge auf Deutschland.

TRT Deutsch und Agenturen