20.01.2024, Rheinland-Pfalz, Koblenz. / Photo: DPA (dpa)
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Im vergangenen November trafen sich Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) und anderer rassistischer Gruppen in einem Luxushotel im Norden von Potsdam zu einer Konferenz mit dem Thema „Remigrationsplan“, wie in den Medien berichtet wurde. Dabei wurde erörtert, wie die Strategie zur Abschiebung von Ausländern im Falle eines Machtgewinns der AfD umgesetzt werden könnte. Es wurde auch diskutiert, die Staatsbürgerschaft von Ausländern, die die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt haben, zu widerrufen und sie des Landes zu verweisen. Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass Deutschland die in den letzten Jahren zunehmende, aber oft übersehene Bedrohung durch die extreme Rechte erkannt hat. Hunderttausende Menschen schlossen sich Anti-AfD-Protesten an. Die Forderung der Demonstranten war vor allem das Verbot der AfD.

Proteste gegen die AfD: Kann das Volk den Vormarsch der Rechtsextremen stoppen?

Der Aufstieg der AfD wurde lange Zeit ignoriert, aber er rückt nun in den Fokus, da Umfragen in Deutschland darauf hindeuten, dass die AfD etwa 23% Unterstützung genießt. Die Ernsthaftigkeit der Situation wurde offensichtlich, als die AfD, die vor einigen Jahren noch etwa 10 % Unterstützung hatte, ihre Unterstützung auf über 20% steigerte und die Position der zweitstärksten Partei nach der CDU/CSU einnahm. Die Enthüllung der Konferenz und der Versuch der AfD, die Regierung durch die Nutzung der Bauernproteste zu stürzen, führten zu einem leichten Rückgang der Unterstützung in den Umfragen. Dennoch bleibt die AfD laut Umfragen zweitstärkste Partei. Allerdings ist der Rückgang der AfD in den Umfragen vorübergehend, und sie wird wahrscheinlich ab dem nächsten Monat wieder an Stärke gewinnen. Denn die eigentliche Frage ist: Stärkt sich die AfD, oder schwächen sich SPD und CDU/CSU?

Die eigentliche Problematik liegt darin, dass etablierte politische Parteien wie CDU, CSU und SPD keine Lösungen für die gegenwärtigen Probleme bieten können. Menschen, die jahrelang verschiedenen Parteien ihre Stimme gaben, haben das Gefühl, dass diese Parteien sie nicht mehr angemessen vertreten. Angesichts des Aufstiegs der extremen Rechten in der Politik gehen die Menschen auf die Straße, um die demokratische Ordnung und die Republik zu schützen. Diese Proteste könnten jedoch die Unterstützer der AfD dazu ermutigen, ihre Partei weiterhin vehement zu unterstützen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Wahlbeteiligung. Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag zwischen 1949 und 2005 im Durchschnitt bei etwa 85%. Allerdings wurde in den Jahren 2009 und 2013 mit etwas über 70% die bisher niedrigste Wahlbeteiligung verzeichnet, und in den Jahren 2017 und 2021 lag sie mit 76% auf dem zweitniedrigsten Niveau. In den letzten Jahren ist jedoch eine Zunahme der Nichtwähler zu verzeichnen. Es ist noch unklar, ob diese Wähler von den Protesten beeinflusst werden und ob ihre Teilnahme an den Wahlen der AfD oder anderen Parteien zugutekommen wird. Zum Beispiel könnte eine hohe Wahlbeteiligung bei den kommenden Wahlen, vergleichbar mit den 85% in den 2000er Jahren, der AfD nützen oder schaden. Daher könnte die Zukunft des Aufstiegs der AfD davon abhängen, ob diejenigen, die bisher nicht gewählt haben, an den Wahlen teilnehmen, und wenn ja, welche Partei davon profitiert – die AfD oder andere etablierte Parteien wie SPD, CDU und CSU. Wenn diese etablierten Parteien in der Lage sind, diese Wähler zu überzeugen und zu gewinnen, könnte dies der Schlüssel sein, um den Aufstieg der AfD durch eine mobilisierte Bürgerschaft zu stoppen.

AfD-Verbot: Mögliche Auswirkungen

Nach dem Bekanntwerden des geheimen Treffens steht ein Verbot der AfD wegen ihrer extrem rassistischen Politik und verfassungswidrigen Haltung zur Debatte. Ein weiterer Grund dafür sind die in diesem Jahr stattfindenden Wahlen in den drei Bundesländern, in denen die AfD als Favorit gilt. Bei den Wahlen im Jahr 2019 erreichte die AfD in Sachsen einen Stimmenanteil von 25,5%, in Thüringen 23,4% und in Brandenburg 23,5%. Die jüngsten Umfragen im November und Dezember deuten auf eine gestiegene Unterstützung hin, mit Werten von 36,5% in Thüringen, 33% in Sachsen und 32% in Brandenburg. Es wird erwartet, dass diese Zustimmung bis Ende 2024 weiter zunimmt, und Prognosen zufolge könnte die AfD bei den bevorstehenden Landtagswahlen erstmals als Sieger hervorgehen.

In einer in Hamburg durchgeführten Umfrage befürworten 42% der Bevölkerung ein Verbot der AfD, während sich 42% gegen ein klares Verbot der Partei aussprechen. Dies spiegelt markante Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland wider, da im Westen 45% der Befragten ein Verbot der AfD unterstützen, während 40 % dagegen sind. Im Gegensatz dazu sprechen sich im Osten lediglich 32% für ein Verbot der AfD aus, während 51% dagegen sind.

Selbst wenn es keine Mehrheit für ein Verbot der AfD in der Bevölkerung gibt und die Partei die zweitstärkste in Deutschland ist, würde ein mögliches Verbot das Vertrauen in die Demokratie erschüttern. Eine solches Verbot würde Gruppen, die gegen die Demokratie sind und die Regierung auf undemokratische Weise übernehmen wollen, eine bedeutende Diskurshoheit verschaffen.

Unordered ListLinkUndoRedoesamten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurden bisher zwei Parteien verboten: die Sozialistische Reichspartei (SRP) 1952 und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die 1956 aufgelöst wurde. Auch wenn seit 1956 keine Partei mehr verboten wurde, würde allein die Diskussion darüber die Sympathie für die AfD steigern. In vielerlei Hinsicht würde die bloße Erwägung eines Verbots der AfD dieser Partei, die sich gerne als Opfer darstellt, zusätzliche Munition bieten. Tatsächlich wäre es für Anhänger der AfD nicht besonders schwierig, eine neue rechtspopulistische Partei zu gründen.In der gesamten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurden bisher zwei Parteien verboten: die Sozialistische Reichspartei (SRP) 1952 und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die 1956 aufgelöst wurde. Auch wenn seit 1956 keine Partei mehr verboten wurde, würde allein die Diskussion darüber die Sympathie für die AfD steigern. In vielerlei Hinsicht würde die bloße Erwägung eines Verbots der AfD dieser Partei, die sich gerne als Opfer darstellt, zusätzliche Munition bieten. Tatsächlich wäre es für Anhänger der AfD nicht besonders schwierig, eine neue rechtspopulistische Partei zu gründen.

Politische Lösungen gegen Populismus erforderlich

Besonders nach Angela Merkel scheint es in Deutschland an politischer Führung zu mangeln. Die Bevölkerung empfindet steigende Energiepreise, langsames Wirtschaftswachstum und unzureichende Maßnahmen der Regierung zur Integration neuer Einwanderer als unbefriedigend. Missmutige Wähler sehen im rechten Spektrum eine Alternative. Die Regierung kann dem Rechtspopulismus und anderen populistischen Bewegungen nur entgegentreten, indem sie nicht durch Gerichtsverfahren, sondern durch die Umsetzung von politischen Maßnahmen kämpft, die die Bevölkerung erwartet und benötigt. Nur auf diese Weise kann sie dem Rechtspopulismus und anderen populistischen Bewegungen erfolgreich entgegentreten.

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