12.03.2021, Österreich, Wien: Sebastian Kurz, Ex-Bundeskanzler von Österreich, äußert sich bei einer Pressekonferenz mit dem Titel „Impfstofflieferungen der EU“. (dpa)
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Ob etwas positiv oder negativ, gut oder schlecht ist, kann der halbwegs differenzierte Geist auf den ersten Blick nicht festlegen. Zwar gibt es so etwas wie Todsünden, die a priori negativ besetzt sind, doch ist es selten die Eigenschaft selbst, die über ihr innerstes Wesen Auskunft gibt.

Ein bisschen Neid kann durchaus Motor der eigenen Motivation sein, und wer nie träge ist, wird wahrscheinlich im Burnout landen. Spätestens seit Paracelsus weiß die Menschheit „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei“, und dies gilt nicht nur in den Naturwissenschaften.

Im Zwielicht der Unredlichkeit

Freunde zu haben, ist beispielsweise eine tendenziell gute Sache, was mentale Gesundheit und das Seelenleben im Allgemeinen betrifft. Eine florierende Wirtschaft wiederum ist einer der wichtigsten Faktoren für ein ganzes Land und auch für den Einzelnen von immenser Bedeutung, hängen doch von der eigenen wirtschaftlichen Situation die Möglichkeiten im Leben ab.

Die Kombination aus Freunderln und Wirtschaft kann jedoch dazu führen, dass die Reputation alsbald perdu ist und eine ganze Partei, ja ein ganzes Land im Zwielicht der Unredlichkeit scheint. Der mittlerweile legendäre Satz von Bundespräsident Alexander Van der Bellen „So sind wir nicht. So ist Österreich nicht“ war anlässlich der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ im Jahr 2019 gesprochen worden und schien im Laufe des Jahres immer mehr zum hoffnungsvollen, aber realitätsfernen Mantra zu verkommen.

Was an der giftigen Kombination aus Freunderln und Wirtschaft ans Tageslicht befördert worden war, lässt Österreich einmal mehr als Bananenrepublik durch die europäischen Gazetten stolpern. Eine Bananenrepublik, in der es immer wieder nur darauf ankommt, wen man kennt, mit wem man bestens befreundet ist und wessen Hand man monetär waschen kann.

Der charmante Sebastian Kurz

Wie jeder Schriftsteller, dessen Werke mehr als eine Saison kurz in aller Munde sind, hat sich auch Oscar Wilde mit der Frage nach Gut und Böse beschäftigt. Seiner Erkenntnis „Es ist absurd, die Leute in Gut und Böse einzuteilen. Es gibt lediglich Charmante und Langweilige“ ist durchaus etwas abzugewinnen.

Zu Beginn des Jahres 2021 schien es noch, als würde der damalige Kanzler Sebastian Kurz für die nächste Ewigkeit am türkisen und österreichischen Ruder sitzen. Für manche glich diese Perspektive dem Höllenfeuer, für andere war es der Himmel auf Erden. Charmant war er in jedem Fall, das mussten ihm auch jene zugestehen, die von seiner Politik nicht angetan waren.

Ohne Charme wird es auch mit gewinnbringenden Freundschaften nichts. Und wer kann schon von sich behaupten, über derart loyale Gefolgschaft zu verfügen, dass diese sich selbst als „einer deiner Prätorianer“ bezeichnet?

Charme alleine genügt allerdings nicht. Wer wirklich geachtet, ja geliebt werden möchte, der tut auch etwas für seine Eliteeinheit, deren Auftrag der Schutz des Obersten war. Ein gut dotierter Posten eignet sich an dieser Stelle.

Und so durfte sich der charmante Sebastian Kurz nach der Bestellung seines Prätorianers zum Chef der ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG) über die Nachricht „Ich liebe meinen Kanzler“ freuen.

Jedes Schriftl is a Giftl

Schon der 3. Bundeskanzler der 2. Republik, Julius Raab, wusste um die Erkenntnis „Jedes Schriftl is a Giftl“,und auch der charmante Sebastian Kurz musste sich eingestehen, dass sein getreuer Prätorianer sicherlich über viele Fähigkeiten verfügte, nur nicht über jene, Daten so zu löschen, dass sie wirklich nicht mehr da sind.

Die Konsequenz daraus war, dass er nunmehr nicht mehr Kanzler, dafür aber Beschuldigter bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist.

Seine neue Karriere soll er wohl in den USA, konkret im Silicon Valley beginnen (wollen). Der Charme des Sebastian Kurz ist dort seit längerem bekannt, hat er sich doch bereits 2015 jung und dynamisch als Außenminister an Ort und Stelle persönlich bekannt gemacht.

Auch bei der jährlich im Juli stattfindenden Geheimkonferenz im ultra-exklusiven Yellowstone Club, organisiert vom früheren Google CEO Eric Schmidt, durfte Kurz bereits einige Male seinen Charme zum Besten geben. Charme scheint in manchen Branchen die beste Mitgift zu sein.

Wie weit man dem über diverse Schriftln Gestolperten tatsächlich und langfristig eine verantwortungsvolle wie lukrative Managerposition im Land der unbegrenzten Möglichkeiten anbieten wollen wird, steht in den Sternen. Diese besagen übrigens laut ORF-Chefastrologin, dass die Pandemie erst dann vorbei sein wird, wenn Neptun die Fische verlassen wird! Und das, liebe Leser, wird erst in zwei Jahren der Fall sein!

Wenn Sie allerdings der astrologischen Zunft im gleichen Ausmaß wie der politischen trauen, dann geht es Ihnen wie der Autorin. Wir dürfen jedenfalls gespannt in die nähere Zukunft blicken. Denn von den Nachrichten des Kurzschen Prätorianers ist erst etwa ein Drittel ausgewertet.

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