Uğur Şahin (Biontech-Ceo) (dpa)
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Migranten üben in den jeweiligen Einwanderungsländern bedeutende unternehmerische Aktivitäten aus und entwickeln Patente in vielen Bereichen. Aus den Berichten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie geht hervor, dass jedes vierte neu gegründete Unternehmen in Deutschland einen Migrationshintergrund hat. Zuletzt sorgte die von den türkischstämmigen Prof. Dr. Uğur Şahin und Dr. Özlem Türeci gegründete Firma Biontech in Deutschland aufgrund der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 dafür, dass der Blick auf die Leistungen von Migranten gerichtet wird. Prof. Şahin und Dr. Türeci wurden in den Schlagzeilen der weltweit führenden Zeitungen als „das Paar, das die Welt rettet“ präsentiert. Impfstoff-Forschungen, die normalerweise 8 bis 10 Jahre in Anspruch nehmen, führten in einer Rekordzeit von einem Jahr zu Resultaten. Prof. Şahin machte bereits durch die Entwicklung eines Impfstoffes gegen krebsbefallene Zellen auf sich aufmerksam. Außerdem arbeitete er an Antikörpern, die eine Abwehrreaktion gegen erkrankte Zellen auslösen. Mittlerweile einer der 100 reichsten Menschen in Deutschland, wurde über Prof. Şahin in einem Interview in einer Zeitschrift bekannt, dass sein damaliger Grundschullehrer in der 4. Klasse die Empfehlung gab, er solle die Hauptschule besuchen. Doch nach der Intervention seines deutschen Nachbars kam man davon ab, und er konnte auf das Gymnasium.

Prof. Şahin gehört zu den wenigen Menschen, die durch glückliche Umstände einer diskriminierenden Maßnahme entgingen und somit dank deutschen Nachbars eine Erfolgsgeschichte schreiben konnten. Doch nicht jeder hat so viel Glück wie er: Die Quote der Schulabbrecher unter Migranten ist immens. Laut Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) gehört die Ungleichbehandlung von Migranten in Schulen zu den wichtigsten Problemen. Vor allem Kinder, die schon im Kindergarten oder in der Vorschule Erfahrungen mit Diskriminierung machen, reagieren in Bezug auf die Fortsetzung ihres Bildungsweges entmutigt. Der Bildungsmonitor macht deutlich, dass die Rate der Schulabbrüche bei Migranten (Kindern) im Jahr 2019 von 14,2 % auf 18 % gestiegen ist. In der von der OECD zu diesem Thema durchgeführten Studie heißt es, dass unter den OECD-Ländern die Beteiligung und der Erfolg von Migranten am Bildungswesen in Deutschland vergleichsweise gering sind. Zudem belegen PISA-Studien aus dem Jahr 2018, dass Migranten (Kinder) sozio-ökonomisch benachteiligt werden.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2019 haben 37 % derer, die sich in einer Ausbildung befinden, einen Migrationshintergrund. Dieser Anteil von einem Drittel Menschen mit Migrationshintergrund zeigt, dass sie der bestimmende Faktor für die Zukunft des Landes sein werden. Trotzdem zeigen Studien des SVR und der PISA auf, dass insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund an Schulen weitergeleitet werden, die für Schüler mit Lernschwierigkeiten vorgesehen sind (Sonderschule), obwohl dies offensichtlich nicht ihrem Bildungsniveau entspricht. Familien beschweren sich darüber, dass ihre Kinder in frühem Alter mit Diskriminierung konfrontiert werden. In Baden-Württemberg haben 37,5 % derjenigen, die eine Sonderschule besuchen, einen Migrationshintergrund. Ähnliche Probleme treten beim Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe 1 auf. Kindern mit Migrationshintergrund wird (häufiger) empfohlen, auf eine Haupt-, Real-, Gesamt- oder Berufsschule zu gehen, anstatt ein Gymnasium zu besuchen. Es ist zu vermuten, dass Jugendliche, die nicht gleichermaßen am Bildungsangebot des Landes teilhaben können, zu einem Risikofaktor für die Zukunft Deutschlands werden.

Global betrachtet: Migration, Innovation und Patente

Migranten und deren folgende Generationen leisten entscheidende Beiträge in Wissenschaft, Kunst und Wirtschaft und entwickeln Patente. Der Gründer von Apple, Steve Jobs, ist ein gutes Beispiel dafür. Als Sohn eines syrisch-muslimischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren, wurde Jobs nach seiner Geburt adoptiert. Den Grundstein für sein weltveränderndes Unternehmen legte er in seinem neuen Zuhause. Darüber hinaus immigrierten auch die CEOs von Weltunternehmen wie Microsoft (Satya Nadella), Google (Sundar Pichai) und Oracle (Thomas Kurian) aus Übersee in die USA. Der Gründer von Google, Sergey Brin, ist Sohn einer Akademikerfamilie, die zu Zeiten der Sowjetunion nach Maryland auswanderte. Ähnliches gilt für Elon Musk, der in seinen zwanziger Jahren in die USA emigrierte und verantwortlich für zahllose wichtige Innovationen zeichnete. Jeff Bezos wiederum, Kind einer aus Kuba eingewanderten Familie, formte Amazon zu einem der weltweit führenden Unternehmen.

Erfindungen und Patente, die von Migranten zwischen 2000 und 2010 eingereicht wurden. (Atlas - https://www.theatlas.com/charts/BydSKlgwl)

In der Grafik ist die Anzahl der Erfindungen und Patente nach Ländern angegeben, die von Migranten zwischen 2000 und 2010 eingereicht wurden. Demnach sind die USA mit 194.600 Patenten das Land, das am meisten von den Fähigkeiten der Migranten profitiert. Lediglich 10.000 dieser Patentinhaber haben in den Folgejahren die USA verlassen. Innovative Patente wurden von 25.300 Migranten in Deutschland und 20.400 in der Schweiz entwickelt.

Ein Viertel der Nobelpreisträger der letzten 50 Jahre in den USA kam im Ausland auf die Welt. Darüber hinaus wurden 25 Prozent der Hightech-Unternehmen von Migranten gegründet. Industrieländer wie die USA, Großbritannien, die Schweiz, Deutschland oder Kanada bieten besondere Anreize und Programme, um qualifizierte Migranten in ihre Länder zu locken. Dafür wurden spezielle Lösungen gefunden: Deutschland beispielsweise führte die Blaue Karte EU ein, Kanada ein Punktesystem. Man versucht damit, den Fachkräftemangel durch Migranten zu kompensieren. Qualifizierte Migranten führen in den Ländern, in die sie migrieren, bedeutende unternehmerische Tätigkeiten aus und entwickeln Patente in vielen Bereichen.
In europäischen Staaten, den USA und in asiatischen Ländern sieht man diese Tendenz in vielen Bereichen. Insbesondere der Bedarf in der EDV und der Medizin- und Informationssysteme wird durch Migranten gedeckt. In dieser Hinsicht besitzen Migranten ein immenses Potential, um die Patentanzahl der jeweiligen Staaten zu steigern.

Deutschland sollte das eigene Einwanderungspotenzial erkennen

Trotz des genannten Potentials sehen sich Migranten überwiegend mit negativer Berichterstattung konfrontiert; ihr Beitrag wird unterschätzt, und es wird vergessen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Folgerichtig scheint der Weggang qualifizierter junger Migranten in andere Länder zuzunehmen. Betrachtet man die Zahlen des Bundesamts für Statistik zur Auswanderung unter Migranten zwischen 1992 und 2018, so erkennt man, dass die Zahl (der Auswanderer) jedes Jahr zunimmt. Allein im Jahr 2018 haben sich 923.581 Personen dazu entschieden, in einem anderen Land zu leben. Diese Tendenz hängt sicherlich von vielerlei Faktoren ab, etwa der in den letzten Jahren gestiegenen Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit, um nur die wichtigsten zu nennen. So werden in den Mainstream-Medien Beiträge ausgestrahlt, in denen Migranten als Sozialhilfeempfänger dargestellt werden, die auf diese Weise ihren Lebensunterhalt finanzieren, und als Belastung für den Staat gebrandmarkt werden. Demgegenüber zeigt ein Bericht der Bertelsmann Stiftung, dass Migranten durch geschaffene Arbeitsplätze sowie Beiträge in allen Bereichen des Lebens -von Bildung bis Kunst und Kultur - jährlich 22 Milliarden Euro in die Staatskasse fließen lassen und bringen Migranten dem Staat mehr Einnahmen als Ausgaben.

Um das volle Potenzial von Menschen mit Migrationshintergrund ausschöpfen zu können, muss eine Kultur der Offenheit in Deutschland entwickelt werden, auch durch einen dauerhaften Austausch von Industrie- und Handelskammern, Hochschuleinrichtungen, Verwaltung, Politik und Migrantenorganisationen. Der drohende Fachkräftemangel sollte vor allem durch Menschen mit Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, gedeckt werden. Doch im Alltag und in den Medien werden Personen mit Migrationshintergrund (oftmals) diskriminiert und entmutigt. Für eine auf ein gesundes Bevölkerungswachstum angewiesene Bundesregierung ist deshalb der Verzicht auf jegliche diskriminierende Rhetorik ein absolutes Muss.

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