Die Inflationsrate, aus dem Lateinischen inflare für „Aufblasen“, erreicht in Österreich neue Rekordwerte. Lag diese im Juni 2021 noch bei moderaten 2,8 Prozent, so ist sie ein Jahr später auf bisher aktuell 8,7 Prozent geklettert.
Die Ursachen dafür sind nicht unbedingt österreichspezifisch und weitläufig bekannt. Aufgrund des Ukrainekrieges wird nicht nur die Energie teurer. Höhere Produktionskosten aufgrund gestiegener Öl-, Strom- und Gaspreise bedeuten zwangsläufig auch höhere Preise bei diversen Endprodukten. Alles zusammen lässt uns dies tiefer in die Taschen greifen als erwünscht. So weit, so schlecht und nachvollziehbar.
Aufstieg und Abstieg
Während sich die Teuerung auf dem aufsteigenden Ast befindet, sinken die Umfragewerte bei den Regierungsparteien. Besonders betroffen ist die Kanzlerpartei ÖVP, die mit 37,5 Prozent im Prä-Corona-Jahr 2019 mit Abstand zur stimmenstärksten Partei gewählt worden war und aktuell mit 20 Prozent beinahe halbiert wurde.
Damals war es der als „Heiland“ bekannte, anbetungswürdige Sebastian Kurz gewesen, der die Partei mit viel heißer Luft aufgeblasen hatte. Kurz ist politisch mittlerweile längst Geschichte und der aktuelle Kanzler Karl Nehammer der dritte auf diesem Posten. Die 56 Tage mit Interimskanzler Alexander Schallenberg sind beinahe schon vergessen.
Wir dürfen davon ausgehen, dass in diesen ausnehmend schwierigen, von Unsicherheit geprägten Zeiten wahrscheinlich keine Regierung alles nur richtig machen würde. Dafür sind Ursache und Wirkung zu globalisiert. Die Menge an heißer Luft, die von der aktuellen Regierung produziert wird, ist dennoch bemerkenswert. Würde man sie speichern können, dürfte Russland sein Gas ab sofort behalten.
Tipps zum Energiesparen
In Ermangelung gesicherter Energielieferanten gab Leonore Gewessler (Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie; die Grünen) Tipps zum Energiesparen, die zumindest für zeitweilige Erheiterung sorgten.
"Jeder und jede kann im Alltag dazu einen Beitrag leisten: Deckel auf den Topf beim Kochen, beim Autofahren das Tempo reduzieren, Waschmaschine anfüllen und ab Herbst die Heiztemperatur um ein oder zwei Grad runter."
Hinsichtlich kurzfristiger Erheiterung war die Schlagzeile „Ministerin rät, dass wir jetzt wärmeres Bier trinken“besonders erfreulich.
Bundeskanzler Karl Nehammer glänzte in jüngster Vergangenheit unter anderem mit #cobragate. Seine Gattin hatte Personenschützer der polizeilichen Spezialeinheit COBRA auf einen Geburtstagsumtrunk in die privaten Räumlichkeiten geladen, woraufhin diese in Folge ein wenig illuminiert (freundlich wienerisch für „angetrunken, betrunken“) einen Autounfall verursachten. Genießen Sie die skurrile Pressekonferenz des Kanzlers vom 4. April 2022 zu diesem Thema.
Anpassung an die Inflation – oder eben nicht
Leider trägt nicht alles nur zur Erheiterung bei. Die durchaus diskussionswürdige Personalunion von Arbeitsministerium und Wirtschaftsministerium in den Händen von Martin Kocher lässt Zweifel aufkommen, ob man sich gleichzeitig für die Arbeitenden und auch die Wirtschaftstreibenden einsetzen kann.
Das Geld für Arbeitssuchende wird jedenfalls nicht an die Inflation angepasst, auch wenn die Schlangen vor den Sozialmärkten immer länger werden.
Zumindest hat es Sozialminister Johannes Rauch (die Grünen) geschafft, einige Familienleistungen ab 2023 an die Teuerung anzupassen.
Was tun, wenn nix weiter geht?
In seinem Bemühen, seinem Vor-Vorgänger im Kanzleramt Sebastian Kurz an volksnahen und populistisch anmutenden Aktionen nachzueifern, sagte Karl Nehammer letzte Woche den Familienurlaub in Griechenland ab.
„Nehammer bläst Familien-Urlaub in Griechenland ab“ ist natürlich die akkuratere Formulierung, wenn wir schon das Aufblasen zum Thema haben.
In den aktuellen Umfragen grundelt die ÖVP nicht nur bei 20 Prozent herum, sondern liegt sogar um 3 Prozentpunkte hinter der FPÖ, die für ihren strikten Anti-Migrationskurs bekannt ist.
Was macht man daher als ein Kanzler, der die Teuerung und Sorgen rund um einen kalten Winter nicht in den Griff bekommt?
Richtig! Man widmet sich den wahren und vorrangigen Problemen, etwa der „irregulären Migration“!
Wo Verlierer, da auch Gewinner
Die Bevölkerung steht derzeit auf der Verliererseite. Warmes Bier und vollgefüllte Waschmaschinen können die höheren Rechnungen an den Supermarktkassen oder gar Tankstellen auch nicht wettmachen.
Apropos Tankstellen: Die OMV (der größte Öl- und Gaskonzern) konnte ihren Gewinn im ersten Quartal 2022 verdreifachen!
„Im Juli hat die Bundeswettbewerbsbehörde festgestellt: Die Raffinerien haben ihren Anteil am Gewinn verdreifacht – und sind damit für die Hälfte der Preissteigerungen von Benzin und Diesel verantwortlich.“
Der teilstaatliche Energiekonzern Verbund kann es sich leisten, 400 Millionen Euro Sonderdividende für 2022 auszuschütten.
Korrelation Inflation und Umfragewerte
Die heiße Luft, die von der Regierung produziert wird, heizt einerseits die Inflation an und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Umfragewerte immer weiter in den Keller rasseln. Als positiv eingestellter Mensch kann man davon ausgehen, dass die Preisspirale irgendwie in den Griff gebracht werden wird. Und sei es nur, um Zukunftsängste potentieller Wähler zumindest momentan loszuwerden.
Der Absturz der Regierenden in den Umfragen hingegen kann neue Perspektiven eröffnen. Mögen daher bald Neuwahlen stattfinden, damit sich das Land von dem türkis-schwarzen Schreckgespenst erholen kann.