Der Trump-Faktor: Wie der neue US-Präsident Europa verändern könnte / Photo: DPA (dpa)
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Nach einem turbulenten Wahlkampf und einem Anschlagsversuch, bei dem er nur knapp dem Tod entging, ist Donald Trump am 20. Januar schließlich als 47. US-Präsident vereidigt worden. Mit Trumps Übernahme des Steuerknüppels der USA ist für den Rest der Welt – allen voran die engsten westlichen Verbündeten – eine schwierige Ära eingeleitet worden. Kaum im Amt, hat Trump sofort mit der Umsetzung seiner strikten Politik begonnen, insbesondere durch die Einführung von Zolltarifen. Kanada und Mexiko sahen sich mit zusätzlichen 25 Prozent Zöllen konfrontiert, wenn sie bestimmte Forderungen nicht erfüllen würden. Auch China blieb von diesen Maßnahmen nicht verschont und wurde mit einem zusätzlichen Zollsatz von 10 Prozent belegt. Darüber hinaus erklärte Trump, dass ähnliche Maßnahmen – mit Ausnahme Großbritanniens – auch auf europäische Länder zukommen würden.

Doch Trumps harter Kurs beschränkt sich nicht nur auf wirtschaftliche Themen. In politischen Angelegenheiten zeigt er ebenfalls eine deutliche Abkehr von der gewohnten US-Politik der letzten Jahre, die sich für Globalisierung, den Kampf gegen den Klimawandel und die Rechte der LGBTQ-Community einsetzte. Stattdessen signalisiert Trump, dass er enge Beziehungen zu rechtsextremen und populistischen Parteien in Europa und anderen Teilen der Welt pflegen wird. Doch was bedeuten Trumps neue wirtschaftliche und politische Kursänderungen für Europa, insbesondere für Deutschland, genau? Welche Auswirkungen sind zu erwarten? Wie stark kann Europa Trumps politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen standhalten?

Trump verstehen: Grundlagen der „America First“-Politik

Mit dem Amtsantritt von Donald Trump setzte eine globale Erschütterung ein, die direkt bei den Nachbarn im Norden und Süden – Kanada und Mexiko – startete. Nach Verhandlungen zog Trump die zusätzlichen Zölle für die beiden Länder jedoch wieder zurück. Auch China wurde mit zusätzlichen 10 Prozent Zöllen belegt, wie von Trump zuvor angekündigt. Wäre Trumps aggressive Politik nur auf Länder wie Russland, China oder einige lateinamerikanische Staaten beschränkt geblieben, wären die Schritte des umstrittenen US-Präsidenten vielleicht nachvollziehbarer gewesen und hätten als Maßnahme gegen die Rivalen der USA interpretiert werden können. Der eigentliche Überraschungseffekt in Trumps Politik liegt jedoch darin, dass selbst Kanada – das Land, das zu den engsten Verbündeten der USA gehört und sogar als „Bruderland“ bezeichnet wird – Teil dieser Maßnahme wurde.

Darüber hinaus kündigte Trump ähnliche Maßnahmen gegen westliche Verbündete in Europa an. Dabei sagte er, dass „die Dinge mit Großbritannien geregelt werden könnten“. Dies zeigt die eigentliche Komplexität und Verwirrung in seiner Politik. Warum also richtet Trump nun in seiner zweiten Amtszeit mit einem noch aggressiveren Ton seine Politik gegen jene Länder des westlichen Blocks, die seit dem Zweiten Weltkrieg als „natürliche Verbündete“ der USA gelten?

In diesem Zusammenhang ist ein Interview mit dem neuen US-Außenminister Marco Rubio aufschlussreich. Rubio erklärte dabei überraschenderweise, dass die Ära der unipolaren Weltordnung vorbei sei. Er bezeichnete die Nachkriegsordnung, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zur unipolaren Dominanz der USA führte, als Anomalie. Die USA würden sich jetzt auf eine multipolare Weltordnung vorbereiten und entsprechend handeln. Die USA mussten laut seiner Darstellung in der Vergangenheit in der unipolaren Weltordnung oft als „Weltpolizist“ agieren, dabei jedoch erhebliche Kosten tragen, ohne direkten Nutzen zu ziehen. Diese Rolle wolle man nun hinter sich lassen und sich nur noch auf Themen konzentrieren, die direkt die Interessen der USA beträfen, so der neue Außenminister.

Die Aussagen Rubios verdeutlichen die geplanten Beziehungen der USA zu den Verbündeten in dieser multipolaren Weltordnung. Mit seinen Äußerungen stellt der Chefdiplomat klar, dass die USA nicht mehr die Interessen des westlichen Blocks als Ganzes verfolgen wollen, sondern ausschließlich die eigenen. Selbst traditionell enge Verbündete wie Großbritannien, Deutschland und Kanada werden demnach nur noch als Partner betrachtet, sofern ihre Interessen mit denen der USA übereinstimmen. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten selbst enge US-Verbündete ins Visier der Trump-Politik geraten, sei es durch Handelskriege, zusätzliche Zölle oder andere wirtschaftliche Maßnahmen.

Trumps Verhältnis zu Rechtsextremen und Populisten

Deutet man die Worte von Rubio weiter, werden die USA also ihre Beziehungen zu anderen Ländern künftig rein auf Basis von Interessen gestalten – und dabei weniger auf historische Bündnisse eingehen. Die USA werden vermutlich unter der Trump-Regierung versuchen, wie bereits in Afrika, im Nahen Osten und in Lateinamerika der Fall, auch in Europa rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte zu unterstützen, die wiederum Trump mehr Wohlgesinnung entgegenbringen als andere Parteien und Strömungen. Das bedeutet, dass Trump offenkundig oder unterschwellig entsprechende Parteien in Europa fördern wird, die bereits durch den Rechtsruck einen deutlichen Aufschwung erfahren haben.

Die eigentliche Gefahr für Europa liegt genau hier. In einem Europa, das sich noch nicht vollständig vom Schock der Pandemie erholt hat, mit wirtschaftlicher Stagnation und zahlreichen finanziellen Herausforderungen konfrontiert ist und zudem die Kosten des Ukraine-Krieges trägt, gewinnen populistische und rechtsextreme Bewegungen zunehmend an Einfluss. Die Migrationsdebatte verschärft diese Dynamik zusätzlich. Trump könnte durch zusätzliche Zölle und Handelsbarrieren die ohnehin angeschlagene europäische Wirtschaft weiter schwächen. Parallel dazu könnte er politische Unterstützung für rechtsextreme und populistische Parteien erwirken, was deren Aufstieg beschleunigen und in Europa eine Art Dominoeffekt auslösen könnte.

Einer von Trumps engsten Vertrauten, der US-Tech-Milliardär und sein Berater Elon Musk, hat bereits offen signalisiert, dass er in Großbritannien und Deutschland rechtsextreme Parteien unterstützt. Diese politische US-Werbekampagne für rechte Kräfte in Europa, die derzeit vor allem über Musk läuft, könnte in den kommenden Tagen noch offensiver geführt werden. Musk könnte, nach seinem Live-Talk mit AfD-Chefin Alice Weidel auf seiner Online-Plattform X, über soziale Medien diese Entwicklung weiter anheizen. Zudem ist davon auszugehen, dass Trump bei Staatsbesuchen in Europa rechtsextreme Führungspersönlichkeiten trifft und ihnen so zusätzliche Legitimität verschafft.

Es sei daran erinnert, dass Trumps Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl im November die Bundesregierung ins Wanken gebracht hat. Mit Trumps Amtsantritt begann die CDU, die „Brandmauer“ zu durchbrechen, indem sie versuchte, migrationsfeindliche Gesetze mit Stimmen der AfD durchzusetzen. Die politischen Veränderungen in Deutschland können kaum unabhängig von Trumps Einfluss verstanden werden. Sollte die Trump-Regierung in Zukunft rechtsextremen und populistischen Ideen weiterhin Raum geben, müssten wir sowohl mit einem weiteren Erstarken dieser Parteien rechnen als auch mit einem schrittweisen Rechtsruck traditioneller Parteien wie der CDU. Für Optimismus bleibt also nicht viel Raum: Europäische Staaten – und insbesondere Deutschland – könnten in den kommenden Jahren vor erheblichen Veränderungen und Krisen stehen.

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