Bahnhofsgebäude in Medina neben der Hamidiye-Moschee (AA)
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von Ufuk Necat Taşçı

In Anbetracht der Corona-Pandemie wird in der islamischen Welt zunehmend häufiger an Rufaida al-Aslamiya erinnert. Sie galt als die erste Frau, die in der Zeit des Propheten Mohammed in Medina als Arzthelferin und als Chirurgin wirkte. Mit ihren fachlichen und organisatorischen Fähigkeiten schuf sie eine Schnittstelle zwischen Medizin und Krankenpflege, wie sie auch moderne Krankenhäuser kennzeichnet. Sie gilt heute als Urheberin des ersten islamischen Gesundheitszentrums.

Rufaida al-Aslamiya wurde als Tochter eines Heilkundigen des Bani-Aslam-Klans in Medina geboren. Sie wurde von ihrem Vater unterwiesen und nahm früh den Islam an. Sie gehörte zu den Frauen der „Ansar“, die Mohammed, den Propheten des Islam, 622 in ihrer Heimatstadt willkommen hießen.

Schon bald musste sie ihre Kenntnisse in Kriegszeiten anwenden. Ihr kam die Aufgabe zu, die Versorgung der Verwundeten am Rande der Schlachten von Badr, Uhud, Khandaq oder Khaibar sicherzustellen.

Zu diesem Zweck schuf sie ein System von Zelten, das im Kern bereits Feldlazarette vorwegnahm, wie sie später auch in Europa zum Einsatz kamen. Diese wurden in unmittelbarer Nachbarschaft der Moschee des Propheten errichtet. In den Zelten wurden neben Kriegsverwundeten auch Personen aufgenommen, die an nicht kriegsbedingten körperlichen Leiden laborierten. Darüber hinaus sollten die Zelte die Betroffenen vor den direkten Einwirkungen der Hitze in der arabischen Wüste schützen.

Die Zeltstadt zur Pflege Kranker und Verwundeter wurde zum ersten Gesundheitszentrum der islamischen Geschichte. Rufaida führte auch selbst Heilbehandlungen und sogar chirurgische Eingriffe wie Amputationen durch. Darüber hinaus verabreichte sie auch zum damaligen Zeitpunkt bekannte Heilmittel, verordnete Hygienemaßnahmen und organisierte die Versorgung sozial Bedürftiger durch die Gemeinschaft.

Der Prophet belohnte Rufaida für ihre Dienste mit demselben Lohn wie Soldaten, die an den Schlachten teilgenommen hatten. Mit der Ausbreitung des Islam wurden im weiteren Verlaufe des siebten Jahrhunderts zusätzliche Pflegezentren nach Vorbild jenes in Medina geschaffen. Zudem wurden Ärzte, Pfleger und weitere Kräfte des Gesundheitswesens ausgebildet. Die islamische Welt leistete auf diese Weise wertvolle Pionierarbeit für spätere Einrichtungen – auch in der westlichen Hemisphäre.

Während im antiken Griechenland wegweisendes Wissen über Heilkunde und die Anwendung von Heilmitteln entwickelt worden war, auf dem die spätere Medizin aufbauen konnte, existierten dort keine Hospitäler. Kranke wurden ausschließlich in ihren eigenen Wohnstätten behandelt.

Im späteren Rom gab es „Hospitäler“ als Einrichtungen zur Unterbringung von Pilgern, Armen und Gebrechlichen. Eine medizinische Behandlung fand in diesen üblicherweise jedoch nicht statt. Rufaida al-Aslamiya war es vorbehalten, diese beiden Ansätze erstmals unter einem gemeinsamen Dach zu vereinen.

TRT Deutsch