Grünen-Chef Omid Nouripour fordert, die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative für Deutschland zu verbieten. „Das wäre ein wirksamer Schlag des Rechtsstaats gegen extremistische Strukturen“, sagte Nouripour am Sonntag dem ARD-Hauptstadtstudio. Vorfeldorganisationen der AfD spielten eine „entscheidende Rolle bei der Vernetzung und dem Erstarken von Hass und Hetze“, Vereine wie die Junge Alternative arbeiteten „offen gegen unsere Demokratie“.
Niedrigere Hürden für Vereinsverbote als für Parteiverbote
Da es sich bei der Jungen Alternative um einen Verein und nicht um eine Partei handelt, sind die Hürden weniger hoch als bei einem Parteiverbotsverfahren. Vereine können vom Bundesinnenministerium verboten werden, wenn sie den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten.
Auch der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hatte vor einigen Tagen in der „Süddeutschen Zeitung“ ein Verbot der Jungen Alternative als „deutliches Signal“ gefordert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte zu der Frage am Freitag im Südwestrundfunk, wenn alle Voraussetzungen vorlägen, könne man einen Verein verbieten. Sie spreche aber nie öffentlich über Vereinsverbote.
Wenig Chancen sieht Faeser, dem AfD-Politiker Björn Höcke einzelne Grundrechte zu entziehen. „Das Bundesverfassungsgericht hat in der Geschichte der Bundesrepublik noch in keinem Fall entschieden, dass eine Person ihre Grundrechte verwirkt hat“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. Bei Höcke und seinem als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Thüringer AfD-Landesverband müsse es „zuerst um die politische Auseinandersetzung gehen“, betonte die SPD-Politikerin.
Petition sammelt 1,5 Millionen Unterschriften gegen Höcke
Eine gegen Höcke gerichtete Online-Petition hatte am Sonntag mehr als anderthalb Millionen Unterschriften. Die Petition fordert, dass die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 des Grundgesetzes stellt. Gemäß dieses Artikels können demjenigen einzelne Grundrechte genommen werden, der diese „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“. Es könnten also zum Beispiel das Wahlrecht oder die Befugnis, öffentliche Ämter auszuüben, entzogen werden.
Auch über ein Verbotsverfahren gegen die Partei wurde am Wochenende weiter diskutiert. Sachsens Innenmininster Armin Schuster (CDU) zeigte sich skeptisch, ob das über die AfD vorliegende Material für einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht ausreichen würde. „Solange der Bund und die übrigen 13 Bundesländer noch nicht der Einstufung in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen folgen können, bin ich skeptisch, dass die hohen verfassungsrechtlichen Hürden für ein Verbotsverfahren derzeit genommen werden können“, sagte Schuster der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
Bislang wird die AfD nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestuft. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte die Bundesregierung auf, ein Verbot zu prüfen. „Die Möglichkeit eines Scheiterns in Karlsruhe muss mit bedacht werden“, sagte Wüst der „F.A.S.“ „Erforderlich ist ein Gesamtbild der Partei. Deshalb ist auch und gerade die Bundesregierung mit ihren Sicherheitsbehörden gefragt, sich eine Meinung zu bilden.“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident warnt vor Verbot
Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) forderte ein Lagebild: „Die Erkenntnisse der Behörden müssen systematisch zusammengeführt und ausgewertet werden, so dass ein vollständiges Bild von den tatsächlichen Aktivitäten der AfD und ihren Vernetzungen zur rechtsextremen Szene entsteht“, sagte er.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte dagegen in der „Welt am Sonntag“, mit einem Verbotsverfahren werde sich „die AfD eine Märtyrer-Rolle zuschreiben.“
Die Debatte über ein Parteiverbot war durch Recherchen der Plattform Correctiv über ein Geheimtreffen von Neonazis, AfD-Politikern und Unternehmern im November in einer Villa bei Potsdam befeuert worden. Dort soll über die Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gesprochen worden sein. In der Folge gingen am Wochenende Hunderttausende Menschen in zahlreichen deutschen Städten gegen Rechtsextremismus auf die Straße.