Die Polizei in Gießen hat einem Medienbericht zufolge im November 2018 einen damals 18-jährigen Albaner von einer Anzeige gegen einen Kollegen abgehalten. Dieser soll Fabjo Sula, so der Name des Betroffenen, unmotiviert angegriffen und in rassistischer Weise angepöbelt haben. Mittlerweile hat sich einem Bericht der „Hessenschau“ zufolge die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Sulas iPhone immer noch nicht ausgefolgt
Der Beamte soll den Albaner, der am Berliner Platz in Gießen in seiner Muttersprache mit seinen Eltern telefoniert habe, „ohne Grund geschubst und beleidigt“ haben, so dessen Darstellung. Als der Beamte merkte, dass er gefilmt werde, sei der Albaner auf die Wache verbracht worden, wo man ihm sein iPhone abnahm. Dieses habe er nicht zurückbekommen. Er habe auch kein Formular zum Quittieren der Beschlagnahme bekommen.
Der Betroffene hatte eigenen Angaben zufolge mehrfach versucht, das Vorgehen zur Anzeige zu bringen. Bereits am Tag nach dem Vorfall wollte er nach eigener Darstellung an dem von außen zugänglichen Fenster Anzeige erstatten, „aber der Polizist da hat mir gesagt, dass er keine Anzeige gegen einen Kollegen aufnimmt“. Eine Woche später habe Sula erneut versucht, den Vorfall zur Anzeige zu bringen – wieder ohne Erfolg.
Video über den Cloud-Speicher wiedergefunden
Das Video sei jedoch im Cloud-Speicher verblieben. Deshalb entdeckte Sula es nach seiner Rückkehr nach Albanien wieder, nachdem er sich ein neues iPhone zugelegt hatte. Von dort aus versuchte der Betroffene, auf elektronischem Wege Anzeige zu erstatten – unter Nennung des Namens des mutmaßlich Verantwortlichen.
Auch dieser Versuch, eine Aufarbeitung in Gang zu bringen, scheiterte jedoch. Die Gießener Polizei beschied ihm erst, dass eine telefonische Anzeige nicht möglich sei. Anschließend sei auf den Versuch, diese bei per Mail an das Polizeipräsidium Mittelhessen zu veranlassen, eine automatisierte Nachricht zurückgekommen. Dieser zufolge habe die Serverinfrastruktur der hessischen Polizei die Mail geprüft und geblockt, „möglicherweise wegen unerlaubter oder zu großer Datenanhänge“.
Ermittlungen wegen Beleidigung und Volksverhetzung
Sula habe das Video daraufhin auf YouTube hochgeladen. Die Resonanz war gering. Dies änderte sich jedoch, als er Ausschnitte davon am vergangenen Montag auf TikTok hochlud. Das Video verbreitete sich viral – und mittlerweile hat auch die Polizei die Authentizität der Aufnahmen bestätigt. Gegen den mutmaßlich verantwortlichen Beamten wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Zudem ermittele die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Beleidigung und Volksverhetzung.
Mehr zum Thema: „Geh in dein Schweineland zurück“: Rassismus-Eklat bei Polizei in Gießen
16 Juni 2022
Nach „Schweineland“-Skandal: Polizei soll Anzeige verhindert haben
Durch gezielte Obstruktion soll die Polizei in Gießen verhindert haben, dass ein von einem Kollegen rassistisch beleidigter Albaner Anzeige erstattet. Erst nach einem viral gegangenen Video wird der Vorfall vom November 2018 nun untersucht.
TRT Deutsch
Ähnliche Nachrichten
Rassismus? Türkischstämmiger Schülerrat-Sprecher aus eigenem Büro geworfen
In Braunschweig hat ein Wachmann den türkischstämmigen Stadtschülerrat-Sprecher Atakan Koçtürk aus seinem eigenen Büro rausgeworfen – weil er ihn offenbar für einen Einbrecher hielt. Dahinter steckt ein rassistisches Motiv, wirft der Betroffene vor.
Neue DB-Stimme: Millionen Reisende hören künftig den Sprecher aus Hessen
Einigen DB-Passagieren wird die neue Stimme aus den Lautsprechern bekannt vorkommen. Denn Hörbücher und Dokus gehörten bis jetzt zu Heiko Grauels Metier. Künftig wird man den professionellen Sprecher an allen bundesweiten Bahnhöfen zu hören bekommen.
Selbe Kategorie
Worüber möchten Sie mehr erfahren?
Beliebt
Iran: Rätselhafte Vergiftungswelle beunruhigt die Bevölkerung
Bei einer landesweiten Anschlagswelle im Iran wurden Hunderte Schulmädchen vergiftet. In Regierungskreisen werden Extremisten dahinter vermutet. Eine offizielle Stellungnahme aus Teheran steht aber noch aus. Die Wut und Sorge der Eltern wächst.