Nach Einschätzung des Soziologen Raj Kollmorgen hat sich bei vielen Menschen im Osten Deutschlands eine rechtspopulistische Mentalität herausgebildet, die unabhängig von AfD-Wahlerfolgen erhalten bleibe. In den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sei diese nicht nur durch die Erfahrungen in der DDR und mit deren Erbe entstanden, sondern auch durch weiter zurückliegende historische Entwicklungen. Kollmorgen nahm am Dienstag in Erfurt bei einer Tagung mit dem Titel „Rechter Osten?!“ teil, wie das Online-Portal „IslamiQ“ berichtet. Die Tagung war von der Thüringer Landeszentrale für Politische Bildung und den Demokratieberatern von Mobit organisiert worden.
Bereits seit dem Mittelalter habe es auf dem heutigen Gebiet dieser drei Bundesländer historische Entwicklungen gegeben, die zur Ausprägung dieser Mentalität beigetragen hätten. Die Gebiete seien über Jahrhunderte hinweg umkämpft gewesen. Das habe zur Überhöhung der eigenen Identität geführt, „weil man sich immer wieder durch Fremdherrschaften bedroht gesehen hat“. Die entsprechenden Erfahrungen seien über Generationen hinweg innerhalb der Familien weitergegeben worden – mit dem Ergebnis, dass rechtspopulistisch denkende Menschen bis heute ihre eigene Identität über die von anderen Menschen stellten.
Rechtspopulistische Mentalität bei 20 bis 30 Prozent der Menschen
Nach Einschätzung Kollmorgens habe sich bei etwa 20 bis 30 Prozent der Ostdeutschen mittlerweile eine rechtspopulistische Mentalität entwickelt. „Wir reden also von einem erheblichen Teil der ostdeutschen Bevölkerung“, sagte er. Erst dies habe die Wahlerfolge der AfD im Osten möglich gemacht. Es sei offenkundig, dass diese Partei im Osten, und eben vor allem in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, stärker verwurzelt sei als in Westdeutschland.
Kollmorgen ist Professor an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Hochschule Zittau-Görlitz. Einer seiner Forschungsschwerpunkte sind postsozialistische Transformationen. Aus der DDR hätten diese Menschen vor allem die Erfahrung mitgenommen, dass nur Protest auf der Straße zu Veränderungen führe. Auf genau „dieser Klaviatur“ spiele die AfD.
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