Die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie stoßen weiter auf Kritik. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) nannte die neuen Beschränkungen für Restaurant- und Kneipenbesuche „inakzeptabel“. Ärztevertreter hielten die Entscheidungen angesichts der Ausbreitung der hoch ansteckenden Omikron-Variante ihrerseits für unzureichend. „Die Politik sieht uns mit 2G Plus als Teil der Lösung, um die Booster-Kampagne zu beschleunigen“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der „Bild“-Zeitung. „Gleichzeitig werden wir als Problembereich bezeichnet, das ist inakzeptabel.“ Die Gastronomie sei erneut „heftig betroffen“ von den Corona-Maßnahmen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder hatten am Freitag die nochmals verschärften Regeln beschlossen. Der Zutritt zu Restaurants, Cafés und ähnlichen Einrichtungen ist demnächst nur noch für Geimpfte oder Genesene möglich, die tagesaktuell negativ getestet sind oder bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten haben.
Ärzteorganisation übt Kritik an Bund-Länder-Beschlüssen
Die Ärzteorganisation Marburger Bund kritisierte mehrere Beschlüsse der Bund-Länder-Runde als unzureichend. So sei die Quarantäne-Befreiung für frisch geimpfte und genesene Kontaktpersonen „medizinisch fragwürdig“, sagte die Marburger-Bund-Vorsitzende Susanne Johna der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Samstag. Ein von der Delta-Variante genesener Mensch sei zum Beispiel nicht gegen die Omikron-Variante immun. Deswegen müsse bei engem Kontakt im häuslichen Umfeld auch für frisch Geimpfte und Genesene eine Quarantäne gelten. Zudem sei es „höchst inkonsequent“, dass Bund und Länder keine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen Personennahverkehr sowie bei allen Veranstaltungen in Innenräumen und Konzerten beschlossen hätten. Im Beschlusspapier werde ausdrücklich auf die hohe Infektionsdynamik der Omikron-Variante hingewiesen und die besondere Wirksamkeit von FFP2-Schutzmasken. Für Johna wäre es deshalb „nur konsequent“, entsprechende Beschlüsse für den ÖPNV und Veranstaltungen anzuordnen. Auch die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) hielt die Beschlüsse nicht für ausreichend. „Als wichtiges Werkzeug empfinden wir immer noch das Ausrufen der epidemischen Lage nationaler Tragweite“, sagte ihr Präsident Gernot Marx der „Rheinischen Post“. „Wir sollten diese Möglichkeit für den Notfall verfügbar haben, um schnell auf dynamische Entwicklungen in der Pandemie antworten zu können.“
Bund und Länder wollen am 24. Januar erneut beraten
Die unionsgeführten Länder hatten bei der Videoschalte mit Scholz vergeblich die Wiedereinführung der epidemischen Lage gefordert. Sie war bis Ende November Grundlage für zahlreiche Corona-Maßnahmen und ermöglichte unter anderem Lockdowns und andere schärfere Beschränkungen. Die Notlage wurde damals von der Ampel-Koalition aber nicht verlängert.
Die Corona-Fallzahlen stiegen unterdessen weiter. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gab die Sieben-Tage-Inzidenz am Samstagmorgen mit 335,9 an. Am Vortag hatte sie bei 303,4 gelegen, vor einer Woche bei 220,3. Der Wert beziffert die Zahl der neuen Ansteckungen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Neu registriert wurden binnen 24 Stunden 55.889 Infektionen.
Die Regierungschefs und -chefinnen von Bund und Ländern wollen bereits am 24. Januar erneut über die Corona-Lage beraten. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen schloss weitere Verschärfungen nicht aus. „Die einheitliche 2G-Plus-Regel für die Gastronomie als Mindeststandard ist richtig“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Sollte sich die Lage verschlimmern, müssen wir umgehend die 2G-Plus-Regel auf andere Bereiche ausweiten.“