Berufsbildungsinstitut: Zu wenig Azubis – Migration löst das Problem nicht / Photo: DPA (dpa)
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Der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat mit Blick auf die Pläne der Ampel-Regierung zur Fachkräfteeinwanderung in Deutschland vor zu hohen Erwartungen gewarnt. „Die Migration wird das Problem bei Weitem nicht lösen“, sagte BIBB-Chef Hubert Esser der „Welt“. Stattdessen müsste auf die Potenziale, die im Land liegen, gesetzt werden. Es müsse gelingen, wieder mehr junge Menschen in die Berufsausbildung zu bringen, betonte Esser. „Sonst drohen massive Engpässe auf dem Arbeitsmarkt, die sich für nicht wenige Branchen katastrophal auswirken werden.“

Zahl neuer Ausbildungsverträge auf niedrigem Niveau

Für eine wachsende Zahl junger Menschen werde die Berufsausbildung unattraktiv, sagte Esser weiter. „Da kann man noch so viele Plätze anbieten.“ 2022 ist die Zahl neuer Ausbildungsverträge auf einem niedrigen Niveau geblieben. Insgesamt wurden 469.900 neue Verträge abgeschlossen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, war die Zahl der Neuverträge damit zwar um 0,8 Prozent höher als 2021. Sie blieb jedoch acht Prozent hinter dem Vor-Corona-Jahr 2019 zurück. Insgesamt markieren rund 1,2 Millionen Auszubildende 2022 erneut einen historischen Tiefstand.

Den Plan der Berliner Landesregierung, Unternehmen zu verpflichten, in einen Fonds einzuzahlen, wenn sie nicht mehr Lehrstellen anbieten, kritisiert Esser. „Eine Zwangs-Finanzierung ist eine zusätzliche Steuer für Unternehmen. Und die ist angesichts der derzeitigen ökonomischen Lage sicher nicht sinnvoll.“ Esser warnt zudem, dass zu viele behördliche Auflagen gerade im Handwerk vor dem Schritt in die Selbstständigkeit abschrecken können. „Der bürokratische Aufwand schreckt einfach zu viele junge Menschen ab.“

Anfang Juli hatte der Bundesrat das von der Ampel-Koalition vorgelegte Fachkräfteeinwanderungsgesetz gebilligt, welches dem Arbeitskräftemangel in Deutschland entgegenwirken soll. Für qualifizierte Arbeitskräfte aus Ländern außerhalb der EU soll es dadurch künftig einfacher und attraktiver werden, eine Stelle in Deutschland anzunehmen.

Wesentliche Punkte in dem neuen Gesetz sind ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild und die erleichterte Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Erleichtert wird für Fachkräfte auch der Familiennachzug. Künftig sollen diese nicht nur die sogenannte Kernfamilie, sondern auch Eltern und Schwiegereltern nach Deutschland holen können.

DIHK: Immer mehr Betriebe finden nicht genügend Auszubildende

Immer mehr Betriebe in Deutschland finden einer Umfrage zufolge nicht genügend Auszubildende. Davon betroffen sind 47 Prozent der Ausbildungsbetriebe, wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) am Mittwoch in Berlin unter Verweis auf eine Umfrage unter Firmen mitteilte. Die DIHK sprach von einem neuen Allzeithoch. Besonders vergeblich suchten Gastronomie, Industrie und Handel nach Auszubildenden. Der Azubimangel werde zum Fachkräftemangel, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.

Insgesamt aber seien die Zahlen zu Ausbildungsvertragsabschlüssen von Ende Juli leicht positiv, sagte Dercks. Nach den coronabedingten Einbrüchen bestünden gute Aussichten, dass 2023 mehr Betriebe und Azubis über einen Ausbildungsvertrag zueinander fänden als im Vorjahr. Bis Ende Juli seien knapp 207.000 neue Ausbildungsverträge im Bereich der Industrie- und Handelskammern gezählt worden - 3,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.

Voraussichtlich blieben aber viele Zehntausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Das Kernproblem sei der demografische Wandel. Es gebe heute rund 100.000 weniger Schulabgängerinnen und Schulabgänger als noch vor zehn Jahren, so die DIHK. Das führe unter anderem dazu, dass bald bis zu 400.000 Beschäftigte mehr den Arbeitsmarkt verlassen, als neue hinzukommen.

Agenturen