Zukunft der Automobilindustrie – Zwischen Innovation und Stillstand / Photo: DPA (dpa)
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Die Automobilindustrie steht weltweit vor massiven Umbrüchen. Die drei wichtigsten Märkte – China, die USA und Europa – entwickeln sich in unterschiedliche Richtungen. Diese Trends könnten nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer die Herausforderungen für Hersteller erheblich verstärken. „Die Frage ist nicht, ob sich der Markt verändern wird, sondern wie schnell und in welche Richtung“, sagt Dudenhöffer. Ein genauer Blick auf die Regionen zeigt, warum die Zukunft der Branche ungewiss bleibt.

Chinas Vormarsch im Bereich Elektromobilität

China ist laut dem Experten nicht nur der größte Automarkt der Welt, sondern auch der Ort, an dem die Fahrzeuge von morgen entwickelt werden. „China ist heute der weltweit führende Markt für Elektrofahrzeuge“, sagt Dudenhöffer. Mehr als 50 Prozent der in China verkauften Fahrzeuge seien sogenannte New Energy Vehicles (NEVs), zu denen Plug-in-Hybride und Elektroautos zählen. Bis 2030 könnte der chinesische Markt so groß sein wie die Märkte der USA und Europas zusammen, so der Experte.

„In Großstädten wie Shanghai und Peking sind Robotaxis längst keine Zukunftsmusik mehr, sondern Alltag“, sagt Dudenhöffer. Der technologische Vorsprung und die enorme Nachfrage machten China zum Benchmark für Elektrofahrzeuge. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten die Hersteller vor Ort entwickeln und produzieren. „Es ist nicht mehr die Frage, ob man nach China geht, sondern wie schnell.“

USA: Politische Blockaden hemmen Fortschritt

Im Vergleich zu China entwickelt sich der Automobilmarkt in den USA laut dem Experten langsamer. Billige Energiepreise und ein geringes Interesse am Klimaschutz förderten den Verkauf von Fahrzeugen mit großen Verbrennungsmotoren. „Die Politik in den USA, insbesondere unter Donald Trump, hat dafür gesorgt, dass Klimaschutz und Innovation keine Priorität haben“, sagt Dudenhöffer.

„Die politische Blockade hat die Entwicklung der Branche gelähmt“, so Dudenhöffer. Auch die Forderung der US-Regierung nach lokaler Produktion von Autos für den US-Markt sei ein Problem. Dadurch werden laut Dudenhöffer Produktionskapazitäten aus Europa abgezogen und in die USA verlagert.

Strategisches Chaos in Europa: Ein Markt in der Krise

Europa befinde sich in einem strategischen Chaos. Einige Länder setzten auf E-Autos andere wollten am Verbrennungsmotor festhalten. Unterschiedliche regulatorische Vorgaben und mangelnde Einigkeit unter den 27 EU-Staaten erschwerten eine kohärente Entwicklung, sagt der Autoexperte.

„Die fehlende strategische Ausrichtung könnte gravierende Folgen haben“, warnt Dudenhöffer. Seiner Ansicht nach fehlt es in Europa an einer „langfristigen Vision, die den Automobilmarkt in die Zukunft führen könnte“. So würden die deutschen Autobauer Marktanteile verlieren und wichtige Zulieferer abwandern. Entwicklungszentren, technologische Kompetenzen und Zulieferstrukturen würden zunehmend nach China verlagert. „Deutschland droht, seinen Status als Innovationsstandort zu verlieren, wenn keine klare Strategie entwickelt wird“, so Dudenhöffer.

Soziale und politische Hürden in Europa

Neben technischen und wirtschaftlichen Problemen gebe es in Europa auch gesellschaftliche Hindernisse. Datenschutzgesetze erschwerten die effektive Nutzung von KI. Zudem bremse eine weit verbreitete Wohlstandsmentalität notwendige Innovationen. „In Europa liegt der Fokus oft auf sozialer Absicherung und weniger auf technologischen Durchbrüchen“, sagt Dudenhöffer.

Politische Fehlentscheidungen hätten die Situation zusätzlich verschärft. Kurzfristige Maßnahmen wie die plötzliche Streichung von Subventionen für Elektroautos hätten zu Verunsicherung geführt. „Die Politik reagiert zu oft nur auf akute Krisen“, kritisiert Dudenhöffer.

Kann Europa noch die Wende schaffen?

Die Zukunft der europäischen Automobilindustrie hänge von einer klaren Strategie ab. Technologie und Innovation müssten gezielt gefördert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Universitäten und Forschungseinrichtungen könnten Schlüsseltechnologien wie Batterietechnologie und künstliche Intelligenz vorantreiben. „Europa hat nach wie vor die Chance, sich als Technologieführer zu positionieren - aber nur, wenn jetzt gehandelt wird“, betont Dudenhöffer.

Die politischen Rahmenbedingungen spielten dabei eine entscheidende Rolle. „Während China und die USA klare Ziele verfolgen, fehlt es Europa an Visionen“, so Dudenhöffer. Langfristige, koordinierte Maßnahmen könnten helfen, die Abwanderung von Know-how und Arbeitsplätzen zu verhindern.

Die Automobilindustrie stehe an einem Wendepunkt. China treibe Innovationen voran, die USA setzten auf wirtschaftspolitische Macht. Europa hingegen leide unter Uneinigkeit und kurzfristigem Aktionismus. „Europa hat die Wahl, den Weg der technologischen Exzellenz zu gehen oder weiter im Chaos zu versinken“, resümiert Dudenhöffer. Die Zukunft der Branche hänge stark davon ab, ob Europa strategisch handle. Ohne klare Visionen drohe die europäische Automobilindustrie dauerhaft ins Hintertreffen zu geraten.

TRT Deutsch