Die hartnäckig hohe Inflation wird zur Geduldsprobe für Deutschlands Verbraucherinnen und Verbraucher: Trotz eines erneuten Rückgangs sind die Preise in Deutschland auch im August deutlich angestiegen. Die allgemeine Teuerungsrate fiel mit 6,1 Prozent nur minimal geringer aus als im Juli mit 6,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Die Wiesbadener Behörde bestätigte am Freitag ihre Ende August veröffentlichte Schätzung zur Inflation.
Immerhin: Nach einem zwischenzeitlichen Anstieg auf 6,4 Prozent im Juni des laufenden Jahres ist die jährliche Teuerungsrate nun zwei Monate in Folge auf dem Rückzug. Allerdings hatte die Rate im Mai 2023 schon einmal bei 6,1 Prozent gelegen. Von Juli auf August des laufenden Jahres erhöhten sich die Verbraucherpreise insgesamt um 0,3 Prozent - auch hierbei bestätigte das Bundesamt seine Schätzung.
Nahrungsmittel und Energie halten Teuerung hoch
„Die Inflationsrate bleibt damit weiterhin auf einem hohen Niveau“, ordnete die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand, ein. „Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln und Energie liegen oberhalb der Gesamtteuerung und halten die Inflationsrate hoch.“
Größter Preistreiber waren zuletzt Nahrungsmittel, die im August 9,0 Prozent teurer waren als ein Jahr zuvor. Vor allem für Zucker, Marmelade, Honig und Süßwaren (plus 17,1 Prozent) mussten Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar mehr bezahlen. Merklich teurer wurden binnen Jahresfrist auch Brot und Getreideerzeugnisse (plus 13,6 Prozent) sowie Gemüse (plus 12,4 Prozent). Speisefette und -öle waren dagegen 13,9 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor.
Für Energie mussten die Menschen im August des laufenden Jahres 8,3 Prozent mehr zahlen als im Vorjahresmonat. Vor allem Strom war mit plus 16,6 Prozent wesentlich teurer als ein Jahr zuvor. Die Inflationsrate ohne die schwankungsanfälligen Preise von Energie und Nahrungsmitteln lag im August wie im Juli 2023 bei 5,5 Prozent.
Inflation sollte in den nächsten Monaten sinken
Die hohe Inflation macht Verbraucherinnen und Verbrauchern zu schaffen, die Menschen können sich für ihr Geld weniger leisten. Das bremst den privaten Konsum, der eine wichtige Stütze der deutschen Wirtschaft ist. Immerhin: Von ihrem höchsten Stand seit der deutschen Wiedervereinigung mit 8,8 Prozent im Herbst 2022 ist die Inflationsrate inzwischen ein gutes Stück entfernt.
Viele Volkswirte rechnen mit weiter sinkenden Teuerungsraten in den kommenden Monaten, weil dann der Effekt des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts aus dem Vorjahresvergleich herausfällt. Im Sommer 2022 hatten das auf drei Monate befristete 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt den Anstieg der Verbraucherpreise zeitweise gebremst.
Der im Vorjahr dämpfende Effekt des 9-Euro-Tickets führt allerdings im laufenden Jahr dazu, dass zum Beispiel Bahntickets im Nahverkehr im August 2023 trotz Einführung des Deutschlandtickets um 64,6 Prozent teurer waren als ein Jahr zuvor.
EZB vor nächster Zinsentscheidung
Insgesamt wird es nach Einschätzung von Ökonomen noch eine Weile dauern, bis die Inflation wieder ein Niveau erreicht, bei dem die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) ihr Ziel stabiler Preise erreicht sehen: Mittelfristig 2,0 Prozent im Euroraum. Im August lag der sogenannte harmonisierte Verbraucherpreisindex, den die EZB für ihre Geldpolitik heranzieht, in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland bei 6,4 Prozent.
Mit einer Serie von inzwischen neun Zinserhöhungen in Folge seit Juli 2022 versucht die EZB die Inflation zu dämpfen. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen kann. Der Leitzins im Euroraum liegt inzwischen bei 4,25 Prozent. Nächste Woche Donnerstag (14.9.) entscheidet der EZB-Rat, wie es weitergeht.
Armut in Deutschland
Steigende Preise für Lebensmittel, Strom, Gas und Dienstleistungen beschäftigen derzeit viele Menschen in Deutschland. Die Inflation ist für viele Bundesbürger spürbar. Laut dem Statistischen Bundesamt waren im vergangenen Jahr knapp 17,3 Millionen Menschen von Armut bedroht. Das entspricht einem Anteil von 20,9 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Zudem lag 2022 fast jeder fünfte Arbeitsplatz im Niedriglohnsektor, mit weniger als 12,50 Euro brutto pro Stunde. Die Armutsquote in Deutschland ist demnach auf einen Rekordwert von 16,9 Prozent gestiegen – Tendenz weiter steigend.