Gespaltene Meinungen zum höheren Renteneintrittsalter
Der Vorschlag von Gesamtmetall-Chef ​​Wolf zur Anhebung des Renteneintrittsalters steht in der Kritik. Linken-Fraktionschef Bartsch bezeichnete den Vorschlag sogar als „unsozialen Bullshit“. Nun erhält Wolf Unterstützung aus der Wirtschaft.
Eine Rentnerin hält ihren Rentenbescheid in der Hand. (DPA)

In der Debatte um eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre hat Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf Unterstützung von Wirtschaftsexperten erhalten. „Der Vorschlag ist richtig und wichtig: Denn er hilft gegen Altersarmut und entlastet zudem die Rentenkasse, die vor dem Kollaps steht“, sagte der Ökonom Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg der „Bild“-Zeitung (Dienstag). Auch die „Wirtschaftsweise“ Monika Schnitzer zeigte sich für ein höheres Renteneintrittsalter offen. Wolf - Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall - hatte sich in einem Gespräch mit der Funke Mediengruppe für eine längere Lebensarbeitszeit ausgesprochen und dies unter anderem mit einer immer älter werdenden Gesellschaft begründet. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Belastungen der Sozial- und Rentenkassen seien die Reserven aufgebraucht. „Stufenweise werden wir auf das Renteneintrittsalter von 70 Jahren hochgehen müssen - auch weil das Lebensalter immer weiter steigt“, erklärte Wolf. Ansonsten werde das System mittelfristig nicht mehr finanzierbar sein. „Wirtschaftsweiser“ signalisiert Unterstützung Während der Vorschlag bei Gewerkschaften, Politikern der Linken und und Sozialverbänden auf strikte Ablehnung stieß, signalisierte die „Wirtschaftsweise“ Schnitzer Unterstützung. „Um die Rente auch in Zukunft zu sichern, gibt es drei Stellschrauben: Renteneintrittsalter, Beitragshöhe und Rentenhöhe. Man wird nicht umhinkommen, an allen drei Schrauben zu drehen, wenn wir die künftigen Generationen nicht überlasten wollen“, sagte die Münchner Wirtschaftsprofessorin der Funke Mediengruppe (Dienstag). Das Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung forderte zudem eine Flexibilisierung der Wochenarbeitszeit. „Manche möchten mehr verdienen und sind bereit, dafür länger zu arbeiten“, sagte sie. „Andere wollen eher etwas weniger arbeiten. In Zeiten des Fachkräftemangels sollte man Konzepte finden, die es ermöglichen, möglichst viele in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“ Auf Widerspruch war der Vorschlag für eine Rente mit 70 unter anderem beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gestoßen. Der Vorstoß sei „nichts anderes als eine Rentenkürzung mit Ansage“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) ordnete das Vorhaben ebenfalls so ein: „Eine Anhebung des Renteneintrittsalters bedeutet nichts anderes als eine Rentenkürzung“, sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer laut Mitteilung. Ein derartiges Vorhaben sei „schlichtweg inakzeptabel“. Stattdessen brauche es eine grundsätzliche Debatte über die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung. „Wir müssen die gesetzliche Rentenversicherung stärken“ Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, schlug vor, die gesetzliche Rentenversicherung auf eine solidere Finanzgrundlage zu stellen. „Statt lebensferner Überlegungen, das Renteneintrittsalter weiter heraufzusetzen, müssen wir die gesetzliche Rentenversicherung stärken. Das bedeutet: Perspektivisch müssen alle dort einzahlen – neben Angestellten auch Beamte, Selbstständige und Politiker“, sagte Bentele. Aktuell ist geplant, die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre anzuheben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lehnt eine weitere Erhöhung des Eintrittsalters ab. Bereits im Mai hatte er nach einem Vorstoß von Ökonomen zur Rente mit 70 erklärt: „Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir das gesetzliche Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Und daran wird sich nichts ändern.“ Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hatte den Vorschlag von Wolf als „unsozialen Bullshit“ abgekanzelt.

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