Corona-Krise: Tiefrote Zahlen setzen Daimler unter Druck
Nach einer coronabedingt desaströsen Bilanz im zweiten Quartal sieht Daimler wieder bessere Zeiten nahen - ebenso viel Handlungsbedarf. Immer neue Spekulationen zum Sparkurs sorgen beim Autobauer für Unruhe, doch Konzernchef Källenius bleibt vage.
Ein Logo von Mercedes-Benz ist vor einem Autohaus. (Reuters)

Die Corona-Krise sorgt für tiefrote Zahlen bei Daimler und zwingt dem Autobauer einen noch deutlich schärferen Sparkurs auf. Allein im zweiten Quartal fuhr der Konzern rund zwei Milliarden Euro Verlust ein. Weil weltweit Fabriken stillstanden, Autohäuser schließen mussten und auch viele andere Unternehmen nicht arbeiten und somit auch keine Lastwagen kaufen konnten, knickten die Absatzzahlen ein. Fast ein Drittel des Umsatzes brach weg. „Vor uns liegen herausfordernde Monate und Jahre“, sagte Vorstandschef Ola Källenius am Donnerstag und stellte einmal mehr klar: Daimler muss noch mehr sparen - überall, auch beim Personal.
Wie viel, wie genau und wen es trifft, ließ Källenius allerdings erneut offen. Zwar hatte Personalvorstand Wilfried Porth schon vor zwei Wochen angekündigt, dass deutlich mehr als die bislang kolportierten 15.000 der weltweit rund 300.000 Arbeitsplätze wegfallen müssten. Zuletzt machten dann aber schon Berichte von 20.000 oder gar 30.000 Stellen die Runde - dazu jedoch schweigt der Konzern ebenso wie zu möglichen weiteren Reduzierungen der Produktionskapazität in den Werken. Bekannt ist schon, dass Daimler sein Werk im französischen Hambach verkaufen will.
Källenius hatte vergangenen Herbst angekündigt, bis Ende 2022 im Personalbereich 1,4 Milliarden Euro an Kosten einsparen zu wollen, in erster Linie über die Nichtnachbesetzung frei werdender Stellen, über Vorruhestands- und Abfindungsvereinbarungen. „Das setzen wir konsequent um“, betonte er am Donnerstag. Allerdings: Die Folgen der Corona-Pandemie seien darin natürlich nicht berücksichtigt gewesen. Sämtliche Annahmen etwa zur Nachfrage und zum Wachstum hätten sich nach unten verschoben. Daher schärfe man das Programm nun nach und dehne es bis ins Jahr 2025 aus.
So ähnlich hatte sich Källenius in den vergangenen Wochen schon mehrfach ausgedrückt und damit große Unruhe in der Belegschaft ausgelöst - auch weil sein Personalchef Porth betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr gänzlich ausschließen will.
„Die Beschäftigungssicherung bei Daimler hat Bestand und über Standortschließungen diskutieren wir nicht“, hatte Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht noch am Mittwochabend getwittert, als neue entsprechende Berichte aufkamen. „Sensationsmeldungen helfen uns nicht weiter und führen nur zu Verunsicherung. Nur gemeinsam können wir die Transformation der Automobilindustrie erfolgreich meistern“, schrieb er.
Betriebsbedingte Kündigungen seien, auch wenn die wirtschaftliche Lage sie erlaube, „immer das letzte Mittel“, beschwichtigte Källenius am Donnerstag. Man sei in konstruktiven Gesprächen, um sie zu verhindern. Wie? Da wolle er nicht vorgreifen, sagte er.
Nur negativ wollte Källenius die Zahlen für das zweite Quartal auch nicht verstanden wissen. Zwar verbucht Daimler für die Zeit einen auf die Aktionäre entfallenden Verlust von zwei Milliarden Euro - und 1,9 Milliarden vor dem sogenannten Abzug von Minderheitenanteilen. Es sei aber gelungen, die Kosten im Rahmen und das Geld zusammenzuhalten - was selbst viele Branchenkenner so nicht erwartet hatten.
Daimler hofft trotzdem auf Jahresgewinn
Zudem sehen Källenius und auch Truck-Chef Martin Daum beim Absatz erste Anzeichen einer Besserung. Zwar sind 541.800 verkaufte Autos, Vans, Lastwagen und Busse im zweiten Quartal weit entfernt vom üblichen Niveau. Das lag aber vor allem an Europa und Nordamerika und zeigte im Juni schon wieder eine positive Tendenz, wie beide betonten. Und im wichtigsten Markt China liege die Kernmarke Mercedes-Benz Pkw schon wieder über dem Vorjahresniveau.
Am Jahresende dürfte daher im Tagesgeschäft zumindest ein Gewinn im niedrigen einstelligen Milliardenbereich übrig bleiben, sagte Finanzchef Harald Wilhelm - vorausgesetzt, die wirtschaftliche Erholung gehe in der zweiten Jahreshälfte weiter und es brächen keine neuen großen Corona-Wellen über die wichtigen Märkte herein.
Was Källenius ebenfalls als Erfolg verbucht: Man habe trotz Krise die Arbeit an den strategisch wichtigen Zukunftsthemen Digitalisierung und Elektrifizierung vorantreiben können. Trotzdem müsse die Gewinnschwelle auf lange Sicht sinken. „Es ist auch strategisch wichtig, das Unternehmen wetterfester zu machen“, betonte er.
Am Ende dürfte sich das wohl auch auf die Modellpalette auswirken. Källenius will die Autosparte wieder stärker auf den Luxusbereich ausrichten, das größte Potenzial sieht er jeweils am oberen Ende der Segmente und weniger in den massentauglichen Modellen. Details dazu soll es aber auch erst in einigen Monaten geben.

DPA