Cristiano Ronaldo wird verfolgt. Man muss dabei nun wirklich nichts Schlimmes befürchten, es handelt sich nicht um einen Stalker oder Ähnliches. Rekorde sind dem selbstverliebten Superstar des Fußballs auf den Fersen. So was geht vermutlich nur bei jemandem wie Cristiano Ronaldo, der als Titelverteidiger in die EM startet.
„Ich habe bereits gesagt, dass ich keine Rekorde jage, Rekorde jagen mich“, ließ er – oder vielmehr sein Social-Media-Team – die Welt vor Kurzem wissen. „Fußball ist ein Gemeinschaftsspiel, aber erst durch individuelle Überwindung helfen wir unseren Teams, ihre Ziele zu erreichen. Es ist das ständige Streben nach mehr auf dem Spielfeld, die stete Arbeit abseits des Spielfeldes, die schließlich zu Rekorden und kollektiven Titeln führen.“
Cristiano Ronaldo ließ mit diesen und weiteren, mitunter rätselhaften Zeilen seine Fans aufhorchen. Will der fünfmalige Weltfußballer ein Jahr vor dem offiziellen Vertragsende seinen Abschied von Juventus Turin einleiten? Spekulationen über die Zukunft des 36 Jahre alten Ausnahmestürmers gibt es längst. Mal wird über eine Rückkehr zu Manchester United schwadroniert, dann klingt Paris Saint-Germain wie das einzig wahre Ziel für den fünfmaligen Champions-League-Sieger.
Diese Spekulationen werden Cristiano Ronaldo, dessen Marketing-Entourage aus den Initialen seines Namens und der Rückennummer vor Jahren den einträglichen Markenkern „CR7“ geschaffen hat, ziemlich sicher auch während der Endrunde begleiten. Und das bringt uns zu diesen so hartnäckigen Rekorden zurück, die vom Spross der Blumeninsel Madeira einfach nicht ablassen wollen.
Neue Rekorde für den Ausnahmestürmer in Sicht
Vor dem Auftakt der Portugiesen in der deutschen Gruppe F am Dienstag (18.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) in Budapest gegen Ungarn ist Cristiano Ronaldo mit 21 EM-Einsätzen – direkt vor Bastian Schweinsteiger (18) – Rekordspieler der Endrunde. Den Rekord als bester Torjäger teilt sich der als eitel angesehene Spieler noch mit dem früheren französischen Nationalspieler Michel Platini (je neun) und dürfte ihn wohl auch übertreffen. Seine Ausnahmestellung könnte Cristiano Ronaldo aber noch mit einer anderen Bestmarke weiter aufhübschen: Fünfmal kam noch kein anderer Kicker bei einer EM zum Einsatz.
„Ich bin bei dieser Euro, als ob es die erste wäre. Ich fühle mich so motiviert oder noch motivierter als 2004 bei meiner ersten Europameisterschaft“, verkündete Cristiano Ronaldo und unterstrich die Titel-Mission seiner Seleção: „Wir sind der Titelverteidiger und gehören wieder zu den Anwärtern auf die Trophäe.“
Der Erfolg gibt diesem fast schon manisch selbstdisziplinierten und sicher nicht komplett zu Unrecht als egozentrisch verschrienen Gala-Fußballer immer noch recht. Geht es nach seinen Mitspielern, verkennt man bei Cristiano Ronaldo aber auch manches.
„Die Leute haben ein Image von Ronaldo, das nicht stimmt“, meinte der Siegtorschütze der Portugiesen im EM-Endspiel 2016 gegen Frankreich (1:0), Eder, im Interview der „Süddeutschen Zeitung“. Es sei normal, dass ein Spieler konzentriert sei und Ziele habe. „Ich frage mich oft, wie ich mich verhalten würde, wenn ich einer der Besten der Welt wäre, wenn der ganze Druck auf mir lasten würde.“
Cristiano Ronaldo stellt sich dem Druck. Wenn er immer wieder den Ball fordert, wenn er zu Elfmetern antritt oder wenn er sich bei Freistößen breitbeinig in High-Noon-Stellung bringt. Wenn man all sowas macht, dann muss man wohl nicht mehr Rekorden hinterherjagen. Sie jagen einen selbst. Aber nur, wenn man Cristiano Ronaldo heißt.