In einer bemerkenswerten Abkehr von der Strategie der vorigen US-Regierung wollen die Vereinigten Staaten im Bürgerkriegsland Jemen keine Kampfhandlungen mehr unterstützen. „Wir werden unsere Diplomatie verstärken, um den Krieg im Jemen zu beenden, der zu einer humanitären und strategischen Krise geführt hat“, sagte der neue Präsident Joe Biden am Donnerstag in Washington. Dazu wird auch ein neuer Sondergesandter für den Jemen ernannt.
Im ärmsten arabischen Land kämpft ein von Saudi-Arabien angeführtes Militärbündnis seit 2015 gegen die Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. Das US-Militär half mit Geheimdienstinformationen und logistischer Unterstützung. Zudem wurden Waffenverkäufe an Riad in Milliardenhöhe genehmigt. Der Krieg ist international stark umstritten, weil dabei immer wieder Zivilisten getötet werden.
Biden sagte, seine Regierung werde die Bemühungen der Vereinten Nationen um einen Waffenstillstand, um Zugang für Hilfsgüter und die Wiederbelebung der seit langem brachliegenden Friedensverhandlungen unterstützen.
Die neue Strategie sei vorab mit den Verbündeten in Saudi-Arabien und den Emiraten besprochen worden, erklärte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan. Die US-Streitkräfte würden aber weiter Anti-Terror-Einsätze im Jemen unternehmen, wenn es um den Schutz amerikanischer Interessen gehe. Die Terrorgruppe AQAP (Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel) ist im Jemen besonders stark.
Jemen in der schlimmsten humanitären Krise der Welt
Der Krieg hat das ohnehin bitterarme Land auf der Arabischen Halbinsel in die schlimmste humanitäre Krise weltweit gestürzt. Nach Schätzungen des britischen Projekts zur Analyse von Daten aus Konfliktgebieten ACLED kamen bei Kämpfen 130.000 Menschen ums Leben, darunter mehr als 13.000 Zivilisten. Immer wieder werden auch Krankenhäuser und Schulen angegriffen.
Es gehe bei der aktuellen Entscheidung um Kampfhandlungen, „die den Bürgerkrieg verlängert haben, der zu einer humanitären Krise geführt hat“, sagte Sullivan. Als Beispiel für die neue Haltung nannte er den inzwischen blockierten Verkauf von Lenkraketen, der von der vorigen US-Regierung unter Präsident Donald Trump genehmigt worden war. Trump hatte mit Riad Waffengeschäfte in Milliardenhöhe abgeschlossen und eine Blockade von Waffenverkäufen durch den US-Kongress mit seinem Veto verhindert.
Bidens Regierung will zeitnah auch den Schritt seines Vorgängers prüfen, die Huthi-Rebellen als Terrororganisation einzustufen. Humanitäre Helfer warnen, dass ihre Arbeit in den Rebellengebieten im Norden erschwert bis unmöglich würde. Die Vereinten Nationen hatten zuletzt immer wieder davor gewarnt, dass der Jemen kurz vor einer Hungersnot stehe, die Hunderttausende Menschen töten könnte.