Verdacht auf Wahlbetrug in Sachsen
Unbekannte sollen in einigen Wahlbezirken Stimmzettel manipuliert haben - zugunsten der rechtsextremen Freien Sachsen. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt.
05.09.2024, Sachsen, Dresden: Wahlurnen und Wahlkoffer stehen im Rahmen der Sitzung des Kreiswahlausschusses im Festsaal im Rathaus. Der Ausschuss tritt aufgrund des Verdachts der Wahlfälschung in Dresden zur Landtagswahl in Sachsen zusammen. / Photo: DPA (DPA)

Im Fall der Manipulation von Stimmzetteln bei der Landtagswahl in Sachsen hat die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden die Ermittlungen übernommen. Wie die Behörde am Mittwoch in der Landeshauptstadt mitteilte, wird weiter wegen des Verdachts der Wahlfälschung ermittelt. Die bisherigen Ermittlungen ergaben demnach, dass Unbekannte insgesamt 126 Stimmzettel der Briefwahl zugunsten der rechtsextremen Partei Freie Sachsen manipuliert hatten.

Davon waren laut Generalstaatsanwaltschaft 85 Stimmzettel aus zwei Wahlbezirken in Dresden-Langebrück betroffen und 27 Stimmzettel über das Stadtgebiet Dresden verteilt. Zudem wurden insgesamt 14 Stimmzettel der Briefwahl in zwei Wahlbezirken im nahen Radeberg zugunsten der Freien Sachsen verändert.

Unbekannte überklebten auf den Zetteln Kreuze und machten neue bei den Rechtsextremen. Die Manipulationen fielen am Sonntag zunächst bei der Stimmenauszählung in Dresden auf, die Stadt erstattete Anzeige. Später kamen weitere Fälle aus Radeberg dazu. Seitens der Polizei übernahm das Landeskriminalamt die Ermittlungen.

Der sächsische Landeswahlleiter Martin Richter stellte indes in Kamenz nochmals klar, dass die wegen eines Softwarefehlers erforderliche Korrektur der Sitzverteilung im neu gewählten sächsischen Landtag keinen Einfluss auf das vorläufige Wahlergebnis gehabt habe. Die Berechnung der voraussichtlichen Sitzverteilung sei ein „nachgelagerter Prozess“, der erst nach der Ermittlung des vorläufiges Landesergebnisses in einem gesonderten Schritt erfolge, erklärte seine Behörde.

Durch die spätere „rechnerische Korrektur“ der zunächst veröffentlichten Informationen zur voraussichtlichen Sitzverteilung habe deshalb auch keine Partei Mandate gewonnen oder verloren, erklärte der Wahlleiter. Die Entscheidung über die Sitzverteilung werde erst nach Feststellung des amtlichen Endergebnisses durch den Landeswahlausschuss getroffen. Dies sei im Wahlgesetz so geregelt. Die Sitzung ist erst für den 13. September geplant.

Alle auf die Wahlvorschläge der Parteien entfallenen Stimmenzahlen seien „unverändert“, erklärte die Wahlleitung. Das vorläufige Ergebnis der Wahl vom Sonntag sei „nicht korrigiert“ worden. Den Programmierfehler in der Software, der in der Wahlnacht zur falschen Berechnung der vorläufigen Sitzverteilung geführt habe, habe der zuständige IT-Dienstleister behoben.

Durch die Korrektur der Sitzverteilung durch den Wahlleiter war die Zahl der Mandate von CDU und AfD gegenüber der Erstinformation in der Wahlnacht um je eins reduziert worden. Die Zahl der Sitze von SPD und Grünen erhöhte sich um je einen. Im Fall der AfD ist dies bedeutsam, weil die Partei dadurch unter die Schwelle für eine so genannte Sperrminorität rutscht. Diese würde ihr etwa die Blockade von Verfassungsänderungen ermöglichen.

Bei der Wahl wurde die CDU um Ministerpräsident Michael Kretschmer laut vorläufigem Ergebnis mit 31,9 Prozent stärkste Kraft. Dicht dahinter lag die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte AfD mit 30,6 Prozent mit ihrem Spitzenkandidaten Jörg Urban.

Das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte 11,8 Prozent. Die SPD erzielte 7,3 Prozent, die Grünen kamen auf 5,1 Prozent. Die Linke schaffte durch den Gewinn zweier Direktmandate den Einzug in den Landtag. Zudem gewann ein Kandidat der Freien Wähler ein Direktmandat.

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist die Regierungsbildung in Sachsen kompliziert. Ein Bündnis mit der AfD schließen die übrigen Parteien aus, für eine Neuauflage der bislang regierenden Dreierkoalition aus CDU, SPD und Grünen reicht es nicht. Möglich wären Dreierbündnisse aus CDU und BSW mit einer weiteren Partei. Die CDU kündigte dazu Gespräche mit BSW, SPD und Grünen an. Termine gab es nach Parteiangaben vom Mittwoch noch nicht.

SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping lehnte „Vorbedingungen“ für Gespräche zur Regierungsbildung ab. „Insbesondere“ gelte dies für "bundespolitische Vorbedingungen“, erklärte sie am Mittwoch. BSW-Bundeschefin Wagenknecht knüpft die Koalitionsbereitschaft ihrer Partei an außen- und sicherheitspolitische Forderungen, etwa eine Ablehnung der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Köpping stellte mit Blick darauf klar, die SPD werde „über nichts anderes“ als Landesthemen reden.

Die CDU-Fraktion im neu gewählten Landtag bestätigte am Mittwoch in ihrer konstituierenden Sitzung ihren bisherigen Vorsitzenden Christian Hartmann im Amt. Er erhielt nach Fraktionsangaben 95 Prozent der Stimmen. Die neu zusammengesetzte SPD-Fraktion wählte ebenfalls am Mittwoch nach eigenen Angaben ihren bisherigen Vorsitzenden Dirk Panter einstimmig wieder.

AFP