Bürgergeld scheitert im Bundesrat
Das umstrittene Bürgergeld-Projekt der Ampel-Koalition ist im Bundesrat gescheitert. Nun werden parteiübergreifende Rufe nach einer Kompromisssuche laut.
14.11.2022, Berlin: Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, spricht in der Sondersitzung des Deutschen Bundesrats zu den Dezember-Soforthilfen und dem geplanten Bürgergeld. / Photo: DPA (DPA)

Der Bundesrat hat das größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel-Koalition blockiert. Der Gesetzentwurf zur Einführung des Bürgergelds verfehlte am Montag in der Länderkammer die erforderliche Mehrheit, weil Bundesländer mit Regierungsbeteiligung der Union der Vorlage die Zustimmung verweigerten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte an, noch am Montag den Vermittlungsausschuss anzurufen, um einen Kompromiss zu finden.

„Meine Hand zur Lösung ist ausgestreckt“, sagte Heil im Bundesrat. Er appellierte an die Länder, „dass wir in der Sache orientiert nach Lösungen suchen“. Heil fügte hinzu: „Ich halte Kompromiss für kein Schimpfwort.“ Er wolle an dem Ziel festhalten, das bisherige Hartz-IV-System zum Jahreswechsel durch das neue Bürgergeld abzulösen - und zeigte sich „optimistisch“, dass der Vermittlungsausschuss eine Lösung findet. „Alle werden sich bewegen müssen, bei gutem Willen gelingt das auch.“

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) rief im Bundesrat dazu auf, eine zügige Kompromisslösung zu suchen. „Der Vermittlungsausschuss hat schon mehrfach bewiesen, dass er große Themen einigen kann“, sagte sie. „Wenn es dieser Weg ist, dann ist es auch kein schlechter und schlimmer Weg.“ Allerdings solle der Ausschuss zügig beraten und nach Möglichkeit bereits kommende Woche eine Einigung finden, um die Einführung des Bürgergelds wie geplant zum Jahreswechsel zu ermöglichen.
Union signalisiert Kompromissbereitschaft
Auch aus unionsgeführten Ländern kamen Signale der Kompromissbereitschaft. Die Union wolle mit ihrer Ablehnung „nicht die Reform verhindern, sondern die Reform aufwerten und die Akzeptanz des Bürgergelds stärken“, sagte die baden-württembergische Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) im Bundesrat.

Auch sie zeigte sich zuversichtlich, dass eine Kompromisslösung gefunden werden kann. „Es müsste doch gelingen, im Vermittlungsausschuss zu einer gemeinsamen Linie zu kommen“, sagte Hoffmeister-Kraut. Dazu bedürfe es „von allen Seiten die Bereitschaft zum Kompromiss“.
Deutlich schärfer äußerte sich der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). „Das Gesetz ist und bleibt das falsche Signal zur falschen Zeit“, begründete Herrmann im Bundesrat das Nein Bayerns zu der Vorlage. Mit dem Bürgergeld sende die Koalition „das Signal: Arbeiten lohnt sich immer weniger“. Das sei „schlichtweg ungerecht vor allem gegenüber denjenigen Bürgerinnen und Bürgern in den unteren Einkommensgruppen“.
Zu den Erfolgsaussichten im Vermittlungsausschuss und möglichen Kompromisslinien äußerte sich der bayerische Vertreter in seiner Rede im Bundesrat nicht. Werden Arbeitende durch das Bürgergeld benachteiligt?
Das geplante Bürgergeld sieht höhere Regelsätze, ein höheres Schonvermögen, weniger Sanktionen und eine verbesserte Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeit vor. Die Ampel-Koalition verspricht sich davon, die Sozialleistung bürgerfreundlicher zu machen als das bisherige Hartz-IV-System.
Die Union beanstandet, dass das Bürgergeld einen sozialpolitischen Systemwechsel markiere und eine Abkehr vom Prinzip Fördern und Fordern bedeute. Durch die zeitweilige Lockerung von Sanktionen und die Erhöhung des Schonvermögens würden insbesondere arbeitende Menschen mit geringem Einkommen benachteiligt, argumentieren CDU und CSU.

AFP