Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist am Sonntag ein Kameramann des Senders Al-Jazeera getötet worden. Der Kameramann Ahmad Al-Louh sei bei einem Angriff auf die Flüchtlingssiedlung Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens getötet worden, teilte der Sender mit Sitz in Katar auf seiner arabischsprachigen Webseite mit. In einer Erklärung des Senders war von einer „gezielten Tötung“ des 39-Jährigen die Rede.
Der Sprecher der palästinensischen Zivilschutzbehörde, Mahmud Bassal, bestätigte den Tod des Kameramanns. Zudem seien bei dem israelischen Luftangriff drei Rettungskräfte getötet worden, als ein Stützpunkt des Zivilschutzes in der Siedlung beschossen worden sei.
Auch die israelische Armee bestätigte den Tod des Kameramanns. Al-Louh habe angeblich dem Islamischen Dschihad angehört und sei in der Vergangenheit der Kommandeur einer Einheit gewesen, sagte die Armee. Der Stützpunkt des Zivilschutzes in Nuseirat sei von der Hamas und dem Islamischen Dschihad angeblich als „Kommando- und Kontrollzentrum“ genutzt worden.
Al-Louh ist der fünfte Al-Jazeera-Journalist, der seit Beginn des israelischen Vernichtungskrieges in Gaza am 7. Oktober 2023 getötet wurde. Erst Anfang August waren bei einem israelischen Luftangriff ein Journalist und ein Kameramann des Senders getötet worden. Der Sender hat seit Beginn des Gaza-Kriegs ausführlich über den israelischen Vernichtungskrieg und die daraus resultierende katastrophale Lage im Gazastreifen berichtet und Bilder von Tod und Zerstörung gezeigt, die in israelischen TV-Sendern kaum zu sehen sind.
Das israelische Militär hat Journalisten des Senders wiederholt beschuldigt, Verbindungen zur Hamas oder zum Islamischen Dschihad zu unterhalten. Al-Jazeera wies dies zurück. In Israel besteht gegen Al-Jazeera inzwischen ein Sendeverbot. Ermöglicht worden war dies durch ein im April beschlossenes Gesetz.
Internationale Medien hatten im Juli einen verbesserten Zugang für Journalisten zum Gazastreifen gefordert. In einem Schreiben beklagten Medien wie CNN und AFP, dass ein unabhängiger Zugang zu dem Gebiet kaum möglich sei. Im Mai hatte Israel kurzzeitig technisches Material der US-Nachrichtenagentur Associated Press beschlagnahmt, die einen Livestream aus dem Gazastreifen sendete.
Reporter ohne Grenzen hat vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vier Strafanzeigen eingereicht, um die Tötung „von Israel verübte Kriegsverbrechen gegen Journalisten“ untersuchen zu lassen. Die jüngste Strafanzeige wurde im September beim Gericht eingereicht. Der IStGH hatte im Januar bekannt gegeben, dass er mögliche Verbrechen gegen Journalisten seit Beginn des israelischen Vernichtungskrieges gegen die Palästinenser im Gazastreifen prüfe.
Nach Angaben des Medienbüros in Gaza wurden seit Beginn des israelischen Vernichtungskrieges am 7. Oktober 2023 mindestens 196 Medienschaffende getötet.
Im Gazastreifen wurden nach Zivilschutz-Angaben am Sonntag insgesamt mindestens 40 Menschen bei israelischen Angriffen getötet. Bassal sagte, allein bei einem Angriff auf eine als Vertriebenenunterkunft genutzte Schule in Chan Junis, der größten Stadt im südlichen Gazastreifens, seien mindestens zwölf Menschen getötet worden, darunter mehrere Kinder. Die israelische Armee erklärte auf Anfrage von AFP, sie prüfe die Angaben.
Israelischer Vernichtungskrieg in Gaza
Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Organisation Hamas am 7. Oktober einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bislang Zehntausende Zivilisten von Israels Armee getötet.
Humanitäre Hilfslieferungen werden seither von Israel behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Doch auch dort sind sie israelischen Angriffen ausgesetzt. Zudem herrscht seit Monaten eine akute Hungerkrise, die Hungertote fordert.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober mehr als 44.900 Menschen getötet und mehr als 106.600 weitere verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder.