Das oberste türkische Verwaltungsgericht hat die 1934 durch einen Regierungserlass erfolgte Umwandlung der Hagia Sophia in ein Museum für unrechtmäßig erklärt. Die Entscheidung vom Freitag macht damit den Weg zur Nutzung des Bauwerks in Istanbul als religiöse Gebetsstätte wieder frei.
Die Hagia Sophia ist eine der wichtigsten historischen und kulturellen Stätten der Welt. Sie wurde im sechsten Jahrhundert während der Herrschaft des Byzantinischen Reiches erbaut und diente als Sitz der griechisch-orthodoxen Kirche. Mit der osmanischen Eroberung Istanbuls im Jahr 1453 wurde sie in ein muslimisches Gotteshaus umgewidmet.
1935 wurde das Bauwerk schließlich in ein Museum umgewandelt. Religiöse Praktiken wurden verboten. Seitdem brachen Diskussionen, das Bauwerk wieder in eine Moschee umzuwandeln, nicht ab.
Im Falle einer Nutzung als Moschee werden Gebets- und Besuchsraum, wie bei allen anderen bedeutenden religiösen Stätten in Istanbul, voraussichtlich getrennt. Auf diese Weise werde die Türkei die Integrität der historischen Stätte garantieren.
435 Kirchen und Synagogen in der Türkei
Inmitten der internationalen Reaktionen über den Status der Hagia Sophia unterstreicht Ankara, die Entscheidung sei eine innenpolitische Angelegenheit. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärte dazu vergangene Woche, dass Anschuldigungen gegen die Türkei bezüglich der Hagia Sophia direkt die Souveränität des Landes beträfen. Während unter anderem der US-Außenminister Mike Pompeo für den Erhalt der Hagia Sophia als Museum vergangene Woche eintrat, erwiderte das türkische Staatsoberhaupt, dass es bereits in der Türkei 435 Kirchen und Synagogen gebe. In diesen können Christen und Juden ihren religiösen Pflichten frei nachgehen. Die Wiedereröffnung der Hagia Sophia in Istanbul für muslimische Gebete werde die Christen des Landes nicht ihrer Identität berauben, betonte der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalın am Donnerstag. Schließlich sei sie ein historisches Erbe der gesamten Welt, fügte er hinzu. Die Türkei werde die christlichen Ikonen im Bauwerk bewahren, „so wie unsere Vorfahren alle christlichen bewahrt haben“. Touristenbesuche weiterhin möglich
„Alle unsere großen Moscheen wie die Blaue Moschee, die Fatih- und die Süleymaniye-Moschee stehen sowohl Besuchern als auch Gläubigen offen“, sagte Kalın und zitierte prominente Beispiele. So zählte er Frankreichs ikonische Kathedrale Notre-Dame und die Sacre-Coeur-Basilika auf - beides weltberühmte Kirchen, die sowohl Touristen als auch Gläubigen offen stehen.
„Die Öffnung der Hagia Sophia für den Gottesdienst“ werde „einheimische oder ausländische Touristen nicht davon“ abhalten, die Stätte weiterhin besuchen zu können, unterstrich Kalın. „Ein Verlust des Weltkulturerbes steht also nicht in Frage“.