Niedrigwasser beeinträchtigt Stromversorgung und Handel
Flüsse in Deutschland spielen nicht nur beim Transport eine zentrale Rolle, sondern auch bei der Stromversorgung. Wenn die Wasserstände zu sehr abfallen, können unter Umständen ganze Kraftwerke stillstehen.
12.08.2022, Rheinland-Pfalz, Kaub: Ein Schubverband passiert die Zollburg Pfalzgrafenstein am Mittelrhein bei Kaub. In Kaub wird einer der wichtigsten Bezugspegel für die Rheinschifffahrt am Mittelrhein gemessen. (DPA)

Ob als Transportweg, für die Kühlung oder als ganz eigener Energieträger: Flüsse spielen in der deutschen Waren- und Stromversorgung eine zentrale Rolle. Wenn die Wasserstände zu sehr abfallen, sind nicht nur Handel und Schiffsverkehr beeinträchtigt. Unter Umständen können Kraftwerke nicht mehr mit Brennstoff versorgt und gekühlt werden, Wasserkraftwerke stehen still. Langfristig hilft der Umstieg auf Erneuerbare - in den nächsten zwei Wintern könnte es aber „so richtig eng werden“, warnt Energieexperte Fabian Huneke von Energy Brainpool. Die Abhängigkeit von fossilen Energien wird zum Problem „Wir sind viel früher als gedacht in eine Wetterabhängigkeit im Stromsystem reingerutscht“, sagt Huneke der AFP. Diese Abhängigkeit sehe aber anders aus als zunächst befürchtet: Nicht Solaranlagen und Windräder seien für die aktuelle Wetterabhängigkeit des Stromsystems verantwortlich - sondern Struktur und Logistik der fossilen Energien. Ein gutes Beispiel ist der Transport von Brennstoffen: Besonders Steinkohlekraftwerke werden über den Wasserweg mit Kohle versorgt. Aktuell ist dies aber nur eingeschränkt möglich, vor allem auf der wichtigen Wasserstraße Rhein. Laut Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt können Transportschiffe an dem wichtigen Knotenpunkt Kaub in Rheinland-Pfalz derzeit maximal zu einem Viertel beladen werden.

„Das führt dazu, dass man sich eben jetzt überlegen muss, wann man die Steinkohle verfeuert, die man noch hat - denn man weiß nicht, wann man wieder welche bekommen kann“, sagt Huneke. Grundsätzlich könne Kohle zwar auch per Straße oder auf der Schiene transportiert werden. „Aber da ist einfach die Logistik dahinter überhaupt nicht aufgebaut“. Die Bundesregierung will künftig Kohletransporte auf der Schiene priorisieren - Nachsehen hätte der Personenverkehr. Langfristig hilft laut dem Energieexperten nur eins: Der Ausbau der Erneuerbaren. „Diese Strommengen durch Technologien zu schaffen, die nicht abhängig sind von der Logistik fossiler Brennstoffe, ist auf jeden Fall das A und O“, sagt er. „Sowohl geopolitisch, als auch strategisch, als auch volkswirtschaftlich - und klimapolitisch sowieso“. „Stand jetzt sind wir noch bis Mitte nächster Woche handlungsfähig“ Das Niedrigwasser bereitet auch dem Handel Probleme: Der niedrige Wasserstand des Rheins hält aktuell Container länger in den Häfen in Rheinland-Pfalz. „Es fahren noch vereinzelt Schiffe mit niedrigem Tiefgang“, sagt Marco Speksnijder, Manager bei Contargo Rhein-Neckar im Hafen Ludwigshafen/Mannheim. Die Schiffe könnten aber deutlich weniger Ladung aufnehmen als sonst - derzeit trügen Schiffe je etwa 20 bis 30 Container statt 150 bis 200. „Die Terminals der Häfen sind bereits zu etwa 85 Prozent gefüllt, das liegt aber auch an den Folgen des Ukraine-Kriegs und der Schließung des Hafens Shanghai“, sagt Speksnijder. „Stand jetzt sind wir noch bis Mitte nächster Woche handlungsfähig, dann wären wir bei 100 Prozent Belegung angelangt. Wir hoffen, dass bald ein bisschen Wasser kommt, damit wir etwas abfahren können.“ Ausweichen auf die Schiene Speksnijder zufolge fährt der Logistikdienstleister Contargo wegen des Niedrigwassers zweimal wöchentlich Container auf der Schiene von Mannheim nach Duisburg. „Mit diesem Bypass umgehen wir das Nadelöhr Kaub.“ Es handele sich vor allem um Container, die rechtzeitig an einem Seehafen sein müssten, um auf ein Schiff umgeladen zu werden. „Wir haben mittlerweile die Schifffahrt weitgehend eingestellt - mit der Betonung auf weitgehen“, sagte Cok Vinke, Manager bei Contargo Waterway Logistics. Einige Schiffe seien trotz des niedrigen Wasserstands noch in der Lage, über den wichtigen Abschnitt Kaub zwischen Mainz und Koblenz zu fahren. „Diese Schiffe können natürlich nicht mehr viele Tonnen an Ladung mitnehmen. Aber solange es geht, wird die Schifffahrt noch Ladung befördern.“

TRT Deutsch und Agenturen