Nach Magdeburg-Anschlag: Kritik an Datenaustausch der Polizeibehörden
Bei den Ermittlungen zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt geht es nicht nur um den islamfeindlichen Täter, der bereits vorher der Berliner Justiz aufgefallen war. Es geht auch um eine politische Aufarbeitung.
21. Dezember 2024, Sachsen-Anhalt, Magdeburg: Die Polizei ist am Weihnachtsmarkt im Einsatz. / Photo: dpa. (Others)

Rund drei Wochen nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt wird Kritik am Datenaustausch zwischen den Polizeibehörden lauter. „Wir haben eine föderale Datenstruktur in der Polizei und das ist ein bisschen ein Kern des Problems“, sagte der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow, in der MDR-Sendung „Fakt ist“. Seit 2020 beschäftige sich die Innenministerkonferenz mit der Früherkennung von potenziellen Amokläufern und Attentätern. Das Problem solcher Täterpersönlichkeiten sei erkannt. Es sei aber sehr schwierig, polizeiliche Daten zusammenzuführen.

Gegen den islamfeindlichen Attentäter von Magdeburg, einen 50 Jahre alten Arzt aus Saudi-Arabien, lagen nach Angaben von Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) an unterschiedlichen Stellen Informationen bei den Behörden vor. Unter anderem habe es Informationen aus Saudi-Arabien gegeben, weil das Land den Mann als Bedrohung für Saudi-Arabien angesehen habe. Sie bekräftigte allerdings, dass das Ziel eine gemeinsame Datenplattform sein müsse. Die Entscheidung dazu sei von der Innenministerkonferenz schon 2016 getroffen worden. „Wir sind schon mitten in der Umsetzung“, sagte Zieschang. Allerdings müsse eine neue IT-Struktur aufgebaut werden. „Wir müssen die gemeinsame Datenplattform deutlich forcieren.“

Kriminologin: „Klassiker für einen Amoklauf“

Die Professorin für Kriminologie an der Universität Gießen, Britta Bannenberg, betonte jedoch, wie schwierig es sei, solche Täter frühzeitig zu identifizieren. „Diese Amoktaten sind gerade deshalb ein Problem, weil sie nicht zur Handlungsroutine der Sicherheitsbehörden gehören“, sagte Bannenberg. Es gebe allerdings empirische Erkenntnisse für solche Einzeltäter und wenn diese Personen gegenüber anderen Aussagen tätigten, die auf einen Anschlag hindeuteten, dann sei dies ein Klassiker für einen Amoklauf. Die Polizei habe hier die Aufgabe der Gefahrenabwehr, wenn nötig auch mit Hilfe von Psychologen.

Der islamfeindliche Attentäter hatte sich bereits früher radikal in den Sozialen Netzwerken geäußert und auch gegenüber Behörden gedroht. Der Mann fiel im Netz besonders als islamfeindlicher Hetzer auf und äußerte dort Sympathien mit Israel und der AfD. Insgesamt wurden nach Angaben von Innenministerin Zieschang in der Vergangenheit sechs Anzeigen gegen Taleb A. erstattet, 13 Strafanzeigen stellte er selbst. Die Innenministerin wies darauf hin, dass der Beschuldigte in Sachsen-Anhalt zu keinem Zeitpunkt verurteilt worden sei.

Kurz vor Weihnachten war der 50-jährige Mann mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt der ostdeutschen Stadt gerast. Bislang sind sechs Menschen gestorben, ein neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren. Zudem gab es knapp 300 Verletzte. Beim Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt sind nach Angaben der Innenministerin mehr als 100 Kollegen mit der Aufarbeitung des Falls befasst.

TRT Deutsch und Agenturen