Die Polizei in Hessen ist durch mehrere Fälle von Rechtsextremismus in die Kritik geraten. Das Innenministerium beauftragte deswegen Wissenschaftler mit einer Studie, um extremistische Einstellungen bei Polizisten zu erforschen. Bereits im August 2019 hatte die Hessenschau davon berichtet. Nun stehen die Ergebnisse der Studie fest.
Über 20 Prozent der hessischen Polizisten rechtsgesinnt
64,4 Prozent der hessischen Polizisten verorten sich nach einer am Montag von Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) und Polizeipräsident Udo Münch vorgestellten Studie politisch in der Mitte.
Knapp 19 Prozent sehen sich als „mäßig rechts“, 13 Prozent als „mäßig links“. Als „rechts“ bezeichnen sich 1,6 Prozent der hessischen Polizisten und weitere 0,1 Prozent als „ausgeprägt rechts“. „Links“ sehen sich zwei Prozent, 0,2 Prozent „ausgeprägt links“.
Per Onlinefragebogen hatten Beschäftigte der hessischen Polizei vom 6. November bis 5. Dezember 2019 die Möglichkeit, sich an der nach Angaben des hessischen Innenministeriums bundesweit einmaligen Umfrage zu beteiligen. Rund ein Viertel der insgesamt 17 000 Beamten nahmen teil.
Mehr als jeder vierte Polizist befürchtet „Islamisierung“ Deutschlands
Eine große Mehrheit der Befragungsteilnehmer (97 Prozent) sind den Angaben zufolge Anhänger der parlamentarischen Demokratie und halten sie „eher“ oder „voll und ganz“ für die beste Staatsform. Etwa sechs von zehn Befragten sehen die Gefahr, dass sich der Rechtsextremismus „enorm ausbreiten“ könnte.
66,1 Prozent der Polizisten stimmten zudem der Aussage zu, Einwanderer machten das Land bunter oder vielfältiger. Mehr als jeder Vierte (27,6 Prozent) befürchtet dagegen, dass Deutschland ein „islamisches Land“ werde. Der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit oder des Rassismus belastet rund 44 Prozent der Polizisten. Für etwas mehr als die Hälfte der Befragten ist die Existenz des Staates Israel Teil der deutschen Staatsraison.
Rechtsextreme Polizisten Einzelfälle?
„Die Studie bestätigt uns in der Auffassung, dass es sich bei den rechten Verdachtsfällen in der hessischen Polizei um Einzelfälle handelt, in denen wir aber mit aller Konsequenz weiterermitteln werden“, kommentierte Innenminister Beuth die Ergebnisse. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft sah sich bestätigt: „Es kann zu keinem Zeitpunkt von rechten Netzwerken und Grundproblemen bei der Polizei gesprochen werden“, schrieb sie in einer Mitteilung.
Eva Goldbach, Innenexpertin der mit der CDU regierenden Grünen, wertete die Ergebnisse als Beleg, dass die hessische Polizei fest in der Mitte der Gesellschaft verankert ist.
Anders sieht es der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Hermann Schaus. Er wies darauf hin, dass das Landeskriminalamt bei 65 Polizisten einen Verdacht rechtsradikaler und rassistischer Einstellungen formuliert habe. Vor diesem Hintergrund könne nicht von Einzelfällen gesprochen werden.
Ermittlungen gegen Polizisten laufen an
Laut einem aktuellen Bericht der Hessenschau wird wegen rechtsextremistischer Verdachtsfälle in Hessen noch gegen 13 Polizisten ermittelt, wie Beuth am Montag bestätigte. Ursprünglich wurden demnach 38 Beamte ins Visier genommen, 17 Fälle seien eingestellt worden. Auch Entlassungen habe es schon gegeben.
Bei Ermittlungen wegen Drohbriefen an die türkischstämmige Anwältin Seda Başay-Yıldız war herausgekommen, dass Beamte des 1. Reviers in Frankfurt in den Fall involviert sind. Das berichteten mehrere Zeitungen, unter anderem die Berliner Morgenpost. Die Anwältin vertrat im NSU-Prozess die Familie des ersten Mordopfers.
Hinzu kommen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen einer Chatgruppe der Frankfurter Polizei, in der rechtsextreme Inhalte geteilt wurden.