Heizungsgesetz vorläufig gestoppt: Bundesverfassungsgericht greift ein
Das umstrittene Heizungsgesetz wird vorerst nicht im Bundestag verabschiedet. Oppositionsparteien sehen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als „schallende Ohrfeige“.
Gebäude des Bundesverfassungsgerichts / Photo: DPA (DPA)

Das Bundesverfassungsgericht hat die für Freitag geplante Verabschiedung des umstrittenen Heizungsgesetzes im Bundestag in einem Eilverfahren gestoppt. Die zweite und dritte Lesung dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche durchgeführt werden, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Mittwoch mit. Vertreter von CDU und CSU zeigten sich hochzufrieden und sprachen von einer Ohrfeige für die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. FDP-Politiker machten in ersten Reaktionen die Grünen verantwortlich.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hatte einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt. Diese sollte dem Bundestag die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz untersagen, wenn der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorliegt. Heilmann schrieb auf Twitter: „Das ist ein großer Erfolg für unseren Parlamentarismus und in diesem konkreten Fall auch für den Klimaschutz!“

Heilmann hatte argumentiert, seine Rechte als Abgeordneter seien durch das Gesetzgebungsverfahren erheblich verletzt worden. „Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren“, warf er der Koalition vor. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Parlament könne man keine konzeptionelle Schwächen des Gesetzespakets aufzeigen und ändern.

Dazu erklärte das Gericht nun, Heilmanns Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheine mit Blick auf sein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Artikel 38 des Grundgesetzes weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet.

„Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten.“ Die Folgenabwägung führe zum Ergebnis, „dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen“. Das Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung der Beteiligungsrechte wiege schwerer als der Eingriff in die Verfahrensautonomie des Bundestags, der die Gesetzgebung lediglich verzögere. Die Entscheidung fiel im Zweiten Senat mit fünf gegen zwei Stimmen.

Unionsfraktionsspitzen kritisieren Bundesregierung nach Stopp

Unionsfraktionschef Friedrich Merz wertete den Stopp als „schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz“. „Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament und der Öffentlichkeit wurde nun ein Riegel vorgeschoben“, sagte der CDU-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. „Olaf Scholz und seine Bundesregierung wären gut beraten, das Urteil aus Karlsruhe zum Innehalten zu nutzen. So wie bisher kann es im Deutschen Bundestag nicht weitergehen.“ Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte in Berlin: „Die Ampel sollte jetzt in sich gehen und dieses Murks-Gesetz endlich einstampfen.“

CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach von einer „schallenden Ohrfeige für die Bundesregierung“. Er forderte: „Das Heizgesetz muss weg und komplett neu aufgesetzt werden.“

Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki wertete den Karlsruher Eilbeschluss als „verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben“, wie er der Funke-Mediengruppe sagte. Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler lobte die Entscheidung. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Es war falsch, den Grünen hier auf den Leim zu gehen“, schrieb er auf Twitter.

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch reagierte gelassen. „Die Entscheidung ist selbstverständlich zu respektieren. Den Inhalt des Gesetzes betrifft sie nicht“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Ausdrücklich weist das Gericht auf die Möglichkeit einer Sondersitzung hin, über die nun beraten werden muss.“

Ampel-Koalition findet keine Einigung

Nach wochenlangen Diskussionen innerhalb der Ampel-Koalition über das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD), insbesondere mit Bedenken seitens der FDP, wird keine Einigung erzielt.

Zunächst hatte das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Aber noch vor der ersten Lesung im Bundestag vereinbarte die Ampel weitere Änderungen, die sie in teils vage formulierten „Leitplanken“ festhielt - ein sehr ungewöhnliches Verfahren, das dazu führte, dass eine erste Expertenanhörung zu dem zu diesem Zeitpunkt schon veralteten ursprünglichen Gesetzentwurf stattfand.

Die Koalitionsfraktionen legten am vergangenen Freitag nun dem Bundestag Änderungsanträge zum ursprünglichen Gesetzentwurf vor. An diesem Freitag sollte das Heizungsgesetz im Bundestag beschlossen werden - noch vor der parlamentarischen Sommerpause, die nach dem 7. Juli beginnt. Den Auftakt der abschließenden Beratungen bildete die Anhörung im Klima- und Energieausschuss des Bundestages am Montag. Der Ausschuss erarbeitet eine Empfehlung für das Plenum.

TRT Deutsch und Agenturen