Verspätete Briefe oder falsch abgelegte Pakete sorgen weiterhin für Ärger bei Bundesbürgern. Im Juni seien knapp 3000 Beschwerden über Postdienstleistungen bei der Bundesnetzagentur eingegangen, teilte die Bonner Behörde auf dpa-Anfrage mit. Im Vorjahresmonat waren es nur 1754 gewesen und im Mai circa 2500. Blickt man auf das ganze erste Halbjahr 2023, so lässt sich ebenfalls ein deutlicher Anstieg ausmachen: In diesem Zeitraum gingen etwa 16.000 kritische Wortmeldungen bei der Aufsichtsbehörde ein und damit fast doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum, da waren es 8921.
Die Beschwerden richten sich gegen die ganze Post- und Paketbranche. In den allermeisten Fällen geht es aber um den Marktführer Deutsche Post, früheren Angaben zufolge lag sein Anteil an den kritischen Wortmeldungen bei etwa 90 Prozent.
Monatszahlen noch nicht auf Normalniveau
Vergleicht man die aktuellen Zahlen allerdings mit der zweiten Jahreshälfte 2022, so sind sie vergleichsweise niedrig - in den Monaten Oktober, November und Dezember waren die Beschwerdewerte jeweils etwa drei Mal so hoch wie im Juni 2023. Zustellprobleme sorgten im vergangenen Jahr dafür, dass sich immer mehr Bundesbürger an die Aufsichtsbehörde wandten und ihrem Ärger Luft machten. Anfang November räumte das Post-Management lokale Probleme ein und begründete das mit Personalengpässen.
Inzwischen sind die Monatszahlen zwar wieder deutlich niedriger, auf einem Normalniveau wie vor der besonders kritischen Zeit sind sie aber noch nicht. Für die Post ist das heikel, denn die Bundespolitik sitzt gerade an der Novelle des veralteten Postgesetzes. Im Zuge dieser Reform könnten der Bundesnetzagentur Sanktionsmöglichkeiten eingeräumt werden, um die Post härter an die Kandare zu nehmen. Bisher hat sie kein echtes Druckmittel. Sie leitet sogenannte Anlassprüfungen ein, die nur mahnende Worte sind. Je nach Ausgang der Reform könnte die Behörde künftig Bußgelder verhängen.
Post bezeichnet Beschwerdezahlen „wenig aussagekräftig“
Aus Sicht der Post sind die Beschwerdezahlen wenig aussagekräftig. Viele Kundinnen und Kunden schrieben Qualitätsmängel irrtümlich der Post zu, obwohl es um Probleme bei Wettbewerbern gehe. Interne Auswertungen zur Sendungsdauer, den sogenannten Laufzeiten, Reklamationen und Kundenzufriedenheit zeigten stabile Werte. „Ungeachtet dessen setzen wir unsere Anstrengungen fort, die Postversorgung der Bevölkerung zuverlässig zu erbringen und möglichst keinen Anlass für Beschwerden zu bieten“, sagte ein Post-Sprecher.
Zudem wies er darauf hin, dass die knapp zweiwöchige Nato-Übung „Air Defender 23“ im deutschen Luftraum im Juni auch Folgen für die Post gehabt habe und man in dieser Zeit die üblichen sechs Brief-Transportflieger pro Nacht nicht habe einsetzen können. Das erkläre aber sicherlich nur einen Teil der Reklamationen, sagte der Firmensprecher.