Deutschland will ein EU-Ölembargo gegen Russland nach anfänglicher Skepsis mittragen, Ungarn droht dagegen mit einem Veto: Nach einem Sondertreffen der EU-Energieminister in Brüssel zeichnete sich am Montag noch kein klarer Konsens über das sechste Sanktionspaket gegen Moskau ab, das die EU-Kommission in Kürze auf den Weg bringen will. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rechnet trotzdem fest damit, dass ein EU-Ölembargo kommt. „Dass Öl auf die Sanktionsliste kommt, davon gehe ich sicher aus“, sagte Habeck nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel. Wie hart die Embargo-Bedingungen definiert würden, werde aber noch beraten. Die EU-Kommission werde das neue Sanktionspaket gegen Russland nach seiner Einschätzung am Dienstag vorschlagen, sagte Habeck weiter. Ob die nötige Einigung der Mitgliedstaaten bis zum Wochenende gelinge, sei aber noch offen. Öl-Embargo muss einstimmig beschlossen werden Die EU-Länder müssten ein Öl-Embargo gegen Russland einstimmig beschließen. Ungarn lehnt einen Importstopp für russisches Öl und Gas allerdings ab. Der Anfang April wiedergewählte Regierungschef Viktor Orban will das Thema Diplomaten zufolge auf dem EU-Gipfel in Brüssel Ende Mai diskutieren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte zu einem möglichen Ölembargo in der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Scholz?“: „Wir wissen wie schwierig das ist, deshalb wissen wir auch, wie schwierig das für andere Länder ist.“ Es gehe jetzt darum, ein „gemeinsames Konzept“ zu finden. Als möglich gilt in Brüssel derzeit eine Ausnahmeklausel für Länder, die besonders stark von russischen Öllieferungen abhängig sind - so wie Ungarn. Habeck rief skeptische EU-Länder wie Ungarn zu einem raschen Ausstieg aus russischem Öl und Gas auf. Die „Solidarität mit der Ukraine“ gebiete es, fossile Energieträger aus Russland „schnell und drastisch zu reduzieren“, sagte er in Brüssel. „Ungarn bemüht sich von allen EU-Ländern am wenigsten“, kritisierte Habeck im ZDF-„heute journal“.
Andere EU-Länder warnen vor kostspieligen Folgen auch in Europa Polen forderte dagegen einen sofortigen Importstopp. „Nun ist die Stunde für ein Ölembargo gekommen“, sagte Umwelt- und Klimaministerin Anna Moskwa in Brüssel. „Gas ist dann der zweite Schritt.“ Polen gilt in der Frage eines Energieembargos als der engste Verbündete der Ukraine.
Andere EU-Länder warnen vor kostspieligen Folgen auch in Europa. Damit würden die Kraftstoffpreise weiter in die Höhe schießen, heißt es etwa aus Spanien, Portugal, Italien oder Griechenland. Diese Länder dringen auf eine längere Übergangsfrist, um Alternativen zu russischem Öl zu finden.
Auch Habeck sagte in Brüssel, ohne Folgen für die eigene Wirtschaft sei ein Ausstieg aus russischem Öl nicht machbar. Ein solcher Schritt bedeute eine „höhere Inflation, höhere Energiepreise und eine Belastung der Wirtschaft“. In Berlin hatte er zuvor betont, ein Ölembargo sei für Deutschland dennoch „tragbar“.
Berlin hat angeblich seine Abhängigkeit von russischer Energie unter Kontrolle
Deutschland hat seine Abhängigkeit von russischem Öl und Gas nach Darstellung der Bundesregierung zuletzt deutlich reduziert. Beim Öl etwa sei der Anteil von 35 Prozent vor dem Krieg auf zuletzt zwölf Prozent gesenkt worden, bekräftigte Habeck. Zuletzt bezog die EU mehr als ein Viertel ihres Mineralöls aus Russland.
Frankreich als amtierender Ratsvorsitzender hatte das Ministertreffen als Reaktion auf den russischen Gaslieferstopp für Polen und Bulgarien am vergangenen Mittwoch einberufen. Die französische Umweltministerin Barbara Pompili verurteilte den „einseitigen und brutalen“ Schritt.
EU-Energiekommissarin Kadri Simson warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, mit der Forderung nach Gaszahlungen in Rubel die EU „spalten“ zu wollen. Habeck warnte, wenn Russland die Mitgliedsländer wirklich zwingen wolle, die Lieferungen nicht mehr in Euro zu bezahlen, „dann werden sie auch anderen Ländern den Gashahn abstellen“. Auch Deutschland müsse damit rechnen.