Gegen Frankreichs 2007 gestorbenen „Vater der Armen” Abbé Pierre haben mehrere Frauen Missbrauchsvorwürfe erhoben. Das teilte die von Abbé Pierre gegründete internationale Sozialbewegung Emmaus in Paris mit. Nachdem es im vergangenen Jahr den Hinweis auf Missbrauch einer Frau durch den zu Lebzeiten hochverehrten Priester gegeben habe, sei eine Untersuchung in Auftrag gegeben worden.
„Im Rahmen dieser Studie wurden Zeugenaussagen von sieben Frauen gesammelt, die über Verhaltensweisen berichten, die auf sexuelle Angriffe oder sexuelle Belästigung durch Abbé Pierre zwischen Ende der 1970er Jahre und 2005 hindeuten könnten“, teilte Emmaus mit. Eine der Frauen sei zum Zeitpunkt der ersten Taten minderjährig gewesen. Die Übergriffe hätten Mitarbeiterinnen, Freiwillige und Ehrenamtliche sowie junge Frauen aus dem persönlichen Umfeld von Abbé Pierre betroffen.
Laut der Studie müsse man vernünftigerweise davon ausgehen, dass es noch weitere Betroffene gibt, deren Zahl schwer zu schätzen sei, teilte Emmaus mit. Es werde eine anonyme Anlaufstelle für weitere mögliche Missbrauchsopfer und Zeugen übergriffigen Verhaltens durch Abbé Pierre eingerichtet.
Die Missbrauchsvorwürfe sind ein schwerer Schock in Frankreich, wo Abbé Pierre viele Jahre die Rangliste der beliebtesten Franzosen anführte. „Diese Enthüllungen erschüttern unsere Strukturen, in denen die Figur des Abbé Pierre einen wichtigen Platz einnimmt“, teilte Emmaus mit. „Jeder von uns kennt seine Geschichte und seine Botschaft. Diese Handlungen verändern zutiefst den Blick, den wir auf einen Mann werfen, der vor allem für seinen Kampf gegen Armut, Elend und Ausgrenzung bekannt ist.“ Auch Frankreichs katholische Bischofskonferenz äußerte sich betroffen angesichts der Vorwürfe.
Abbé Pierre wurde mit seinem Einsatz für die Ärmsten der Armen zum sozialen Gewissen Frankreichs. Er starb 2007 im Alter von 94 Jahren.