Litauen hätte Migranten nach EU-Recht nicht wegen ihrer illegalen Einreise verhaften dürfen. Der illegale Aufenthalt in einem Land reiche als Haftgrund nicht aus, entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am Donnerstag. Litauens Begründung, dass durch die hohe Migrantenzahl die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gestört werde, sei nicht ausreichend.
Asylbewerber nach Grenzübertritt ins Gefängnis gebracht
Eine Inhaftierung sei nur dann zu rechtfertigen, wenn das Verhalten eines Asylbewerbers eine Bedrohung für die innere oder äußere Sicherheit darstelle, ging aus dem Urteil hervor. Auch in Notsituationen sei es rechtswidrig, Asylbewerbern wegen ihres illegalen Aufenthalts das Recht zu verweigern, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Im Sommer 2021 kamen tausende Flüchtlinge über Belarus in die EU-Länder Litauen, Polen und Lettland. Wegen der großen Anzahl von Menschen rief Litauen den Notstand aus und erließ verschärfte Vorschriften für Geflüchtete. Unter anderem wurden Asylbewerber nach dem illegalen Grenzübertritt ins Gefängnis gebracht.
Pro Asyl: Gericht hat U-Staaten einige rote Linien aufgezeigt
Die Organisation Pro Asyl begrüßte das Urteil des Gerichtshofs. „Im Jahr 2022 ist die Feststellung dieser völkerrechtlichen Selbstverständlichkeiten bitter nötig“, erklärte Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung bei Pro Asyl. Das Gericht habe den EU-Staaten einige rote Linien aufgezeigt. Durch die litauischen Gesetzesverschärfungen seien die Rechte von Schutzsuchenden massiv eingeschränkt worden.
Die Europaabgeordnete Cornelia Ernst nannte das Urteil eine gute Nachricht und europaweit bedeutsam. „Die litauischen Notstands-Vorschriften von 2021, die eine pauschale Inhaftierung von Menschen erlaubten, die aus Belarus in die EU kamen, sind ein klarer Bruch des EU-Recht“, sagte die Linken-Politikerin.