Globaler Technologie-Wettbewerb und Krieg um Mikrochips
Neuerdings spielen auch Mikrochips im Kampf um die Vorherrschaft im globalen System zwischen etablierten Mächten eine Rolle. Mikrochips befeuern den Wettbewerb zwischen den USA und China.
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Die strategische Bedeutung der Erlangung von Wettbewerbsvorteilen, vor allem im Hightech-Bereich mit hohem Mehrwert, hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Die Kontrolle von Entwicklungs- und Produktionsprozessen in strategischen Sektoren wie Mikrochips und Halbleiter sind in der Weltwirtschaft zu einem der entscheidenden Faktoren geworden.

Diese hochentwickelten technologischen Produkte, nanometergroß, also im Milliardstel-Meter-Bereich, können auf einer Fläche, die dünner als ein Haar ist, Millionen von Schaltkreisen und Transistoren aufnehmen, und mit den aufkommenden Digitalisierungstrends beeinflussen sie alle Lebensbereiche der modernen Welt. Die globale Nachfrage nach Mikrochips hat mit dem Einfluss der Digitalisierung in vielen Bereichen wie Mobiltelefone, Computer, Autos, Smart-Home-Systeme, Datenspeicherzentren, moderne Produkte der Verteidigungsindustrie, Fabriken, die in geschlossenen Kreisläufen produzieren, Raumfahrt- und Luftfahrtindustrie, medizinische Elektronik, digitale Finanzsysteme und Produktion von Kryptowährungen rapide zugenommen. Die Covid-19-Pandemie, die seit Anfang vergangenen Jahres großen Druck auf die wichtigsten Produktions- und Lieferketten der Weltwirtschaft ausübt, hat die Mobilität eingeschränkt und die Digitalisierungswelle im täglichen Leben beschleunigt, wodurch die weltweite Nachfrage nach Mikrochips weiter angestiegen ist.

Zunahme neoprotektionistischer Trends

Das Schwächeln des internationalen liberalen Systems, in dem Produktionsprozesse gemäß einer postfordistischen Logik globalisiert und Interdependenzbeziehungen zwischen den Industrieländern als Stabilitätsgaranten angesehen werden, beschleunigte auch die Handels- und Technologiekriege. Insbesondere dass global aufstrebende Mächte in großem Maße neoprotektionistische Züge annehmen und versuchen, durch Kooperation von Staat und Privatwirtschaft ihre Kapazitäten bezüglich innovativer Technologiefelder im Inland weiter auszubauen und entsprechend die Abhängigkeit vom Ausland als strukturelle Schwäche ihrer Lieferketten betrachten, verändert die Dynamik dieser neuen Ära der Mikrochip-Industrie radikal. Das seit 2015 vor allem zwischen den USA und China sichtbar gewordene Armdrücken, das sich zu einem umfassenden strategischen Herrschaftskampf bzw. Krieg um Handel und Technologie entwickelt hat, löste härtere Maßnahmen aus, um Wettbewerbsvorteile in informationslastigen Wirtschaftsbereichen zu erlangen. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind die beiden Bereiche des strategischen Wettbewerbs zwischen den Mächten, welche die Zukunft der Weltwirtschaft bestimmen und die Digitalisierungsprozesse auf globaler Ebene dominieren wollen. Unterhalb der IKT sind Nebenschauplätze wie beispielsweise die Softwareentwicklung, der Aufbau digitaler Netzwerke sowie die Entwicklung und Produktion moderner Hardwareprodukte entstanden, die von verschiedenen Akteuren kontrolliert werden.

Chinas Investitionen in 5G und die Vierte Industrielle Revolution

Mit dem Ziel, die weltweite wirtschaftliche und technologische Überlegenheit der USA zu brechen und breit zu agieren, gelang es der Regierung in Peking mit ihrem Modell des Staatskapitalismus, durch Investitionen ins 5G-Netz eine Führungsposition in den mit der Vierten Industriellen Revolution entstandenen digitalen Netzen einzunehmen. Dass China mit seiner Beschleunigung der Massenkommunikation und der Entwicklung des Internets der Dinge, in dem sich alle erdenklichen Geräte mit digitalen Netzen verbinden können, zum Vorreiter in der 5G-Technologie und damit beim autonomen Fahren, bei innovativen Produktionssystemen, der Künstlichen Intelligenz und der Auswertung von großen Datenmengen nunmehr das Potenzial hat, das alltägliche Leben und gängige Arbeitsmethoden zu verändern, stellt für die USA und Westeuropa ein ernsthaftes Problem dar. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Firma Huawei, die eine Pionierrolle bei den Investitionen in das 5G-Netz der chinesischen Regierung übernommen hat, von den USA und angelsächsischen Staaten Wirtschaftsspionage und Geheimdienstaktivitäten vorgeworfen wurden und selbiger aus diesen Gründen bei Produktverkäufen und der Einrichtung von Infrastruktur Einschränkungen auferlegt werden. Dass China durch hohe Investitionen in digitale Netze in den Informations- und Kommunikationstechnologien eine weltweit führende Position erlangt hat, gleichzeitig aber der Softwareentwicklung und insbesondere wichtigen Hardwarebereichen, wie etwa Mikrochips und Halbleitern, zu wenig Gewicht beimaß, förderte strukturelle Schwächen zu Tage.

China ist bei der Produktion von Mikrochips abhängig von den USA und Taiwan

Die Tatsache, dass China mit seinen führenden Unternehmen, allen voran Huawei, mit dem Image „Fabrik der Welt“ zum Weltmarktführer in der Produktion von Elektronik und Mikroelektronik geworden ist, aber trotzdem abhängig von den in den USA und Taiwan ansässigen Firmen ist, bildete die Grundlage der restriktiven Schritte der USA, die diese in letzter Zeit in die Wege geleitet haben. Zunächst wurden Einschränkungen beim Verkauf von in den USA hergestellten Mikrochips gegen Huawei angeordnet, anschließend wurde die Lieferung von Mikrochips, die in anderen Staaten hergestellt wurden, aber bekanntermaßen Originalteile aus den USA verwendeten, an Huawei unter strenge bürokratische Auflagen gestellt. Mit anderen Worten wurde versucht, ein globales System unter der Kontrolle der US-Regierung zu etablieren, um Mikrochips von großer Bedeutung außerhalb der Reichweite chinesischer Hersteller und insbesondere Huaweis zu halten. Obwohl der Anteil der USA an der Produktion von Mikrochips und Halbleitern in den letzten Jahren zurückgegangen ist, sind sie dennoch immer noch Exporteur. Und dass diesbezüglich China Importeur ist, war ein wichtiger Faktor und stärkte die Position der USA in dieser Hinsicht. Zwar gibt es chinesische Hersteller von Mikrochips mit Sitz in Shanghai, wie SMIC, aber die technologischen Fähigkeiten dieser Unternehmen hinken denen ihren globalen Konkurrenten hinterher und ihre Abhängigkeit von amerikanischer Technologie hat es leicht gemacht, sie auf die schwarze Liste zu setzen. Angesichts der sich abzeichnenden Kämpfe um Mikrochips versuchte die Regierung in Peking alternative Lieferketten zu schaffen, welche die Produktionswege führender Unternehmen wie Huawei nicht unterbrechen würden, und versuchte dabei Maßnahmen zu ergreifen, um die Abhängigkeit von Mikrochips und Halbleitern aus dem Ausland mittels erhöhter Investitionen in Forschung und Entwicklung auf lange Sicht zu verringern.

Kämpfe um Technologie können negative Auswirkungen haben, die sich auf die Weltwirtschaft auswirken.

Während die USA weiterhin unangefochten eine weltweite Vorreiterrolle in der Entwicklung von Mikrochips inne haben, etablierten sich weitere Fertigungskompetenzen in Taiwan und Südkorea. Diese beiden wichtigen nordostasiatischen Staaten produzieren 83 Prozent der Mikroprozessoren, die von Herstellern weltweit verwendet werden, und stellen für den globalen Handel 70 Prozent der Speicherchips her. Einige multinationale Unternehmen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien wie Intel, Samsung und Micron haben sich entschieden, die für ihre Produktion benötigten Mikrochips in ihren eigenen Werken herzustellen und sie als Zwischenprodukte einzusetzen. Auch fällt auf, dass mit der Produktion des Mikrochips der Modellvariante M1 auch Apple versucht, sich auf ähnliche Weise gegen Lieferengpässe abzusichern. Doch viele globale Elektronikhersteller, darunter auch Huawei, bevorzugen es, sowohl die Kostenvorteile als auch die neueste Technologie zu nutzen, indem sie die Produktion von Mikrochips, die speziell für ihre Produkte entwickelt wurden, an Werke in Taiwan und Südkorea vergeben. In diesem Zusammenhang ist die taiwanesische TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company), die Chips für fast alle globalen Elektronikgiganten produziert und mehr als die Hälfte des asiatischen Mikrochip-Marktes in der Hand hält, in den aktuell andauernden globalen Handels- und Technologiekriegen als extrem strategisches Unternehmen in den Vordergrund gerückt. Die TMSC, das die kleinsten und modernsten Chips der Welt im 3-Nanometer-Maßstab herstellt und bis zum Jahr 2025 auf 2 Nanometer heruntergehen will, liegt mit ihrer technologischen Kompetenz mehrere Generationen vor der chinesischen SMIC, die noch immer nur Chips mit 14-Nanometern-Chips produzieren kann. Huawei, das mit eigenen Mitteln Kirin-Modellchips entwickelt hat, die mit den von Samsung und der US-amerikanischen Qualcomm hergestellten Mikrochips mithalten kann, spürt aufgrund der Abhängigkeit seiner Produktionsstätten von TMSC den Druck der US-Sanktionen.

Mikrochips, welche die Basis etlicher digitaler Produkte unseres gegenwärtigen modernen Lebens bilden, sorgen inzwischen dafür, dass in vielen Sektoren – auch weil aufgrund von Lieferengpässen während der Pandemie keine großen Lagerbestände gebildet werden konnten – Lieferketten zum Stillstand kommen. Tatsächlich offenbaren die als „Chip-Desaster“ bezeichneten Probleme, die in den letzten Monaten die Produktionsketten in der globalen Automobilindustrie zum Erliegen gebracht haben, Anzeichen für eine Ausweitung auf andere Bereiche, in denen Mikroprozessoren intensiv genutzt werden. Daher haben die anhaltenden Technologiekriege zwischen den USA und China, die sich am Beispiel von Huawei insbesondere auf chinesische Elektronikhersteller konzentrieren, das Potenzial, sich insgesamt negativ auf die Weltwirtschaft auszuwirken. Durch die Entwicklung guter Beziehungen zu den USA und der westlichen Welt ist Taiwan, das als fortschrittliches Technologiezentrum gesehen wird, zur Hauptbühne geworden, auf der am Beispiel von TSMC die Mikrochip-Kriege zwischen den strategischen Rivalen USA und China ausgetragen werden. Während das Erreichen der Fähigkeiten und des technologischen Entwicklungsniveaus Taiwans, von künstlicher Intelligenz bis hin zu Mikrochips, ein zentrales Ziel für China darstellt, ist das Verhindern dieser Bemühungen Chinas auch für Taiwan, das eine strategische Allianz zu den USA unterhält, zu einem nationalen Sicherheitsthema ausgerufen worden. Zwischenzeitlich wurde auch öffentlich, dass sich globale Chiphersteller wie Qualcomm, Sony, Samsung und Hynix, die in der Vergangenheit große Mengen an Huawei verkauft haben, wiederum mit Lobbyarbeit dafür einsetzen, die US-Regierung davon zu überzeugen, die Beschlüsse zur Warenbegrenzung zu lockern und einen Großkunden nicht zu verlieren. Doch für die USA, deren Anteil an der weltweiten Produktion von Mikrochips und Halbleitern in den letzten zwei Jahrzehnten von 25 auf 12 Prozent zurückgegangen ist und weiter sinkt, ist die Rückführung der Produktion der in Ostasien beheimateten Chipfertigung zurück ins eigene Land eine wichtige nationale Priorität geworden. Mit den kürzlich erlassenen Gesetzen zu Steuerbefreiungen von bis zu 40% für Unternehmen, die innerhalb der Grenzen der USA produzieren möchten, sowie der Unterstützung bei Forschung und Entwicklung mit bis zu 12 Milliarden Dollar und einem Anreizpaket von 10 Milliarden Dollar für Produktionsprojekte in den Bundesstaaten, wird die in der Trump-Ära begonnene protektionistische Linie in der Biden-Ära fortgeführt.

Obwohl führende Hersteller der weltweiten Mikrochipindustrie wie TMSC und Samsung noch vor Kurzem Milliarden von Dollar investiert haben, um moderne Chips von 5 Nanometern für Hightech-Elektronikprodukte herzustellen, ist ebenfalls bekannt, dass die Wachstumschancen begrenzt sind. Ebenso deutlich ist, dass der moderne Maschinen- und Anlagenbau für die Chipproduktion und die überwiegend US-basierte Software in Verbindung mit den enormen Investitionskosten eine schnelle Produktionsausweitung in diesem Bereich hemmen. Daher erscheint es möglich, dass die Auswirkungen der globalen Pandemie inmitten des Technologiekrieges zwischen den USA und China letztlich den Druck auf die globale Mikrochipindustrie erhöhen und nur durch kurzfristige Investitionen überwinden werden können. Findet aber trotzdem keine Annäherung zwischen den Regierungen in Washington und Peking statt, werden einerseits die steigenden Mikrochippreise zu Preiserhöhungen bei Konsumgütern führen, und es andererseits – mit hoher Wahrscheinlichkeit – zu einer Verzögerung bei den Lieferketten und damit zu einem generellen Rückgang der Wachstumsrate der Weltwirtschaft kommen. Das sich abzeichnende Bild enthält Elemente, das aufstrebende Mächte dazu ermutigt, bei strategischen und technologischen Produkten wie Mikrochips und Halbleitern unabhängig zu werden und eine nationale Kompetenz zu entwickeln, die auf der Partnerschaft von Staat und Kapital beruht.

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