Studie: Ausgebeuteten Arbeitskräften fehlen oft Schutz und Unterkunft
Einige Leiharbeitsfirmen beuten systematisch ausländische Arbeitskräfte aus. Wer sich wehrt, braucht Schutz und ein Dach über dem Kopf. Doch genau daran mangelt es, wie eine Analyse zeigt.
Zollbeamte betreten bei einer Razzia ein Gebäude. / Photo: DPA (DPA)

Wer sich als Ausländer in Deutschland aus einem ausbeuterischen Arbeitsverhältnis befreit, findet sich oft mittellos und ohne eine sichere Bleibe wieder. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Berichterstattungsstelle Menschenhandel des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR).

Für die Betroffenen herrsche grundsätzlich ein Mangel an „angemessenen und sicheren Unterkünften“, sagt Naile Tanis, Leiterin der Berichterstattungsstelle. Solche Schlafplätze seien aber in der akuten Lage dringend erforderlich, damit sich die Menschen stabilisieren und womöglich Mut für eine Anzeige sammeln könnten.

Wer sich wegen der Ausbeutung durch eine Leiharbeitsfirma an eine Beratungsstelle wende, verliert den Angaben zufolge dadurch häufig seine Unterkunft. Denn diese wird oft vom Arbeitgeber gestellt - nicht selten zu überhöhten Preisen. Eine Unterbringung in Unterkünften für Wohnungslose oder Geflüchtete sei für die Betroffenen nicht sinnvoll, heißt es in der Analyse.

Berichterstattungsstelle geht von großer Dunkelziffer aus

Das DIMR ist seit November 2022 von der Bundesregierung mit einer unabhängigen Berichterstattung zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels sowie einer EU-Richtlinie zu diesem Phänomen betraut. Im Bereich der sexuellen Ausbeutung hätten sich inzwischen Unterstützungsstrukturen etabliert, führt die neue Stelle aus. Für die Arbeitsausbeutung in Branchen wie der Landwirtschaft, der Fleisch verarbeitenden Industrie oder auf dem Bau gelte dies nicht.

Das Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung des Bundeskriminalamtes (BKA) listet für 2022 34 Verfahren, 1019 Opfer und 76 Tatverdächtige auf. Die Berichterstattungsstelle geht von einem großen Dunkelfeld aus.

Fachberatungsstellen können helfen

Zu ausbeuterischen Bedingungen zählt das BKA schlechte Bezahlung, überlange Arbeitszeiten, überhöhte Vermittlungsgebühren und Mietzahlungen, gefährliche Arbeitsbedingungen und das Vorenthalten des Lohns. Solche Verhältnisse findet man laut Lagebild teils auch in der Gastronomie, der Logistikbranche, in der Pflege und in Haushalten.

Als positives Beispiel nennt die Analyse Berlin, wo Fachberatungsstellen Geld aus einem Fonds des Landes beantragen können, um im Akutfall eine kurzfristige Unterkunft, etwa in einer Pension, zu finanzieren. Betroffene können auch mit Geld für Essen, Kleidung und Nahverkehrs-Fahrkarten unterstützt werden.

DPA