Nemi El-Hassan wirft „Bild“-Zeitung Kampagne vor
Die Moderatorin Nemi El-Hassan wurde trotz ihrer Distanzierung von Antisemitismus vom WDR sanktioniert. Nun wirft sie der „Bild“-Zeitung eine gezielte Kampagne zur Demontage ihrer Person vor. Der WDR leiste solchen Kampagnen Vorschub.
28.9.2021: Nemi El-Hassan, Journalistin und Moderatorin. Foto: Tilman Schenk/WDR Kommunikation/dpa (Others)

Die Journalistin Nemi El-Hassan wirft der „Bild“-Zeitung eine Kampagne gegen ihre Person vor und kritisiert den Umgang ihres Arbeitgebers WDR damit. „Es gibt eine Grenze zwischen kritischer journalistischer Arbeit und einer gezielten Kampagne zur
 Demontage einer Person. Diese Grenze wurde in meinem Fall
 überschritten“, schreibt El-Hassan über die „Bild“-Recherchen in 
einem Gastbeitrag für die „Berliner Zeitung“ (Dienstag, Online-Ausgabe).

Wegen der Antisemitismusvorwürfe gegen El-Hassan,
 über die das Boulevardblatt berichtet hatte, gibt es seit Wochen 
Diskussionen um die Journalistin. Die 28-Jährige wird deshalb derzeit
 nicht als Moderatorin der WDR-Wissenschaftssendung „Quarks“
eingesetzt. Die „Bild“-Zeitung habe ein von rechtsextremen Internet-Aktivisten
initiiertes Narrativ in weite Teile der Öffentlichkeit getragen,
 kritisiert El-Hassan in dem Gastbeitrag. Die Journalistin verweist
darauf, dass sie sich nach der ersten Berichterstattung der „Bild“
 öffentlich für die Teilnahme an einer Al-Kuds-Demonstration im Jahr
2014 entschuldigt hatte. WDR öffne „zukünftigen Kampagnen Tür und Tor“

Zudem hätten Recherchen von „Zeit Online“
gezeigt, wie die Kampagne gegen sie in rechtsextremen Foren „von 
langer Hand vorbereitet“ worden sei. „Der WDR hat sich – in der Hoffnung, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen – allen Argumenten der 'Bild'-Zeitung
angeschlossen und somit auch zukünftigen Kampagnen Tür und Tor
 geöffnet“, schreibt El-Hassan. In der öffentlichen Debatte über ihren
 Fall seien Stimmen „gezielt ignoriert“ worden. Zudem habe es „keinen
 ehrlichen Diskurs darüber“ gegeben, wie sich Antisemitismus von
israelkritischen Positionen abgrenzen lasse, „oder worin etwa die 
deutsche Verantwortung gegenüber Menschenrechtsverletzungen in 
Israel/Palästina besteht“.

Die Reaktion des WDR zeige exemplarisch, 
„dass es schlecht steht um die vielfach gerühmte Debattenkultur in
 diesem Land“. Eine finale Entscheidung zu El-Hassan hat der WDR noch nicht 
gefällt, der Rundfunkrat der öffentlich-rechtlichen Anstalt
diskutierte in seiner Sitzung am vergangenen Freitag erneut über den 
Fall. Mehr zum Thema: Wegen Israelkritik – Nemi El-Hassan wird „Quarks“ nicht moderieren

epd