Adenauer-Stiftung: Politische Polarisierung in der Gesellschaft nimmt zu
Die Deutschen sind sich immer weniger einig über die wichtigen sozialen und politischen Themen im Land. Laut einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung sind die politischen Differenzen in Deutschland so groß wie in den 80er-Jahren nicht mehr.
Archivbild. 07.02.2017, Berlin: Eine Deutschlandfahne weht auf dem Dach des Reichstages im Wind, während Besucher im Inneren der Reichstagskuppel die Empore hinaufgehen. (DPA)

Die Kluft zwischen Menschen mit sehr unterschiedlichen politischen Ansichten ist in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten gewachsen. So groß wie in den 1980er Jahren war sie aber zuletzt nach einer neuen Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) nicht. Die Analyse, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, stützt sich vor allem auf zwei repräsentative Umfragen in den Jahren 2019 und 2020. Die jüngste Befragung zeigt: Politisch motivierte Vorbehalte sind aktuell besonders zwischen den Unterstützern der AfD auf der einen Seite und Anhängern der Grünen auf der anderen Seite zu finden. In etwas geringerem Ausmaß trifft das auch auf die Anhänger von AfD und Linkspartei zu. In den ersten Jahren nach Gründung der Grünen 1980 war der Graben zwischen Wählern von CDU und CSU auf der einen und den Anhängern der neuen Öko-Partei auf der anderen Seite besonders groß gewesen. Streitthemen Zuwanderung, Steuern, Sozialleistungen und Klimaschutz Als Beispiele für Politikfelder, in denen die Meinungen zuletzt weiter auseinandergingen als früher nennt die Studie Zuwanderung sowie Steuern, Sozialleistungen und Klimaschutz. Etwa in der Frage des Klimaschutzes in Konkurrenz zum Wirtschaftswachstum haben sich die Anhänger verschiedener Parteien auseinanderbewegt. 2013 betrug der Abstand zwischen den beiden am weitesten voneinander entfernten Parteien - damals Union und Grüne - 2,2 Punkte. Ende 2019/Anfang 2020 lag der maximale Abstand zwischen den Parteien bei 3,8 Punkten auf der Skala, nun zwischen der AfD und den Grünen. Politiker und Wähler der AfD fühlen sich - besonders im Westen Deutschlands - manchmal gesellschaftlich nicht akzeptiert. Ganz falsch ist diese Beobachtung nicht. Bei einer Befragung im August und September vergangenen Jahres gaben der KAS zufolge 62 Prozent der Deutschen an, mit AfD-Wählern nichts zu tun haben zu wollen. Über die Wähler der Grünen sagten dies nur 13 Prozent der Wahlberechtigten. 9 Prozent der Befragten wünschten den Angaben zufolge keinen Kontakt zu CDU-Wählern. Jeder Fünfte gab an, er wolle mit Klimaaktivisten persönlich nichts zu tun haben. Noch mehr Menschen (22 Prozent) wollten nicht mit SUV-Fahrern in Kontakt sein. Grüne über die eigene Wählerschaft hinaus sympathische Partei Wie die Studie der CDU-nahen Stiftung zeigt, werden die Grünen auch über die eigene Wählerschaft hinaus als sympathische Partei wahrgenommen. 55 Prozent der Wahlberechtigten gaben an, die Grünen zu mögen. Über die SPD sagten dies bei einer Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap zwischen Oktober 2019 und Februar 2020 immerhin 45 Prozent. 44 Prozent der Befragten nahmen damals die CDU als sympathische Partei war. Jeweils rund 30 Prozent der Teilnehmer der Umfrage fanden CSU, FDP und Linke sehr oder eher sympathisch. Die AfD wurde dagegen lediglich von 13 Prozent der Wahlberechtigten als sympathische Partei wahrgenommen. Das entspricht in etwa dem Ergebnis der Rechtspopulisten bei der Bundestagswahl 2017. Damals hatte die Partei 12,6 Prozent der Zweitstimmen erhalten. Bei der Bundestagswahl im vergangenen September gaben 10,3 Prozent der Wähler ihre Stimme der AfD, wobei die Zustimmung für die Partei im Osten deutlich höher war als in den westlichen Bundesländern. Eine deutliche Mehrheit der Wahlberechtigten verortet sich politisch selbst in der Mitte. Am rechten Rand sehen sich laut KAS-Studie lediglich rund sechs Prozent der Deutschen. 13 Prozent der Wahlberechtigten ordnen sich dem ganz linken Spektrum zu. Starke Veränderung bei Einstellungen zu Geschlechterrollen und Migration Starke Veränderungen stellen Meinungsforscher im Langzeitvergleich unter anderem bei den Einstellungen zu Geschlechterrollen und Migration fest. Während sich 2009 noch rund 40 Prozent der Deutschen dafür aussprachen, die Zuzugsmöglichkeiten für Ausländer einzuschränken, so vertrat Anfang 2020 nur noch jeder Fünfte diese Ansicht. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Zahl der Deutschen mit ausländischen Wurzeln zugenommen hat. Noch stärker hat sich der Blick auf die Rolle von Frauen in Beruf und Gesellschaft gewandelt. Dem Satz „Einen Beruf zu haben, ist ja ganz schön, aber das, was die meisten Frauen wirklich wollen, sind ein Heim und Kinder“ stimmten 2012 noch 22 Prozent der Deutschen zu. Bei einer Befragung für die KAS-Studie Ende 2019/Anfang 2020 signalisierten lediglich noch neun Prozent der Erwachsenen mehr oder weniger starke Zustimmung zu dieser Aussage.

DPA