Die Kommunikationsdirektion des türkischen Präsidenten hat am Sonntag eine Erklärung zum Austritt aus der Istanbul-Konvention abgegeben. Die Konvention wurde demnach ursprünglich zum Schutz der Frauen ausgearbeitet – sei jedoch später gekapert worden, um traditionelle Familienstrukturen aufzubrechen. Ankara habe deshalb von Artikel 80 der Konvention Gebrauch gemacht und sei vom Abkommen ausgetreten, so die Erklärung. Am Samstag war die Türkei nach neun Jahren aus der Istanbul-Konvention ausgetreten.
Bekanntlich sei die Türkei der erste Unterzeichner der Istanbul-Konvention und habe damit „ein starkes Engagement für den Schutz der Stellung der Frau in der Gesellschaft und die Bekämpfung jeglicher Gewalt gegen Frauen“ gezeigt, schreibt die türkische Kommunikationsdirektion. Die Konvention, die ursprünglich dazu gedacht sei, die Rechte der Frauen zu fördern, sei von diversen Gruppen der LGBT-Bewegung gekapert worden. Diese versuchten, ihre eigenen Prinzipien und Geschlechterrollen der Gesellschaft aufzuzwingen – was mit den sozialen und familiären Werten der Türkei unvereinbar sei, erklärt die Kommunikationsdirektion.
Zudem sei die Türkei nicht das einzige Land, das ernsthafte Bedenken bezüglich der Istanbul-Konvention habe. So hätten auch die sechs EU-Staaten Bulgarien, Ungarn, Tschechien, Lettland, Litauen und die Slowakei die Istanbul-Konvention nicht ratifiziert. Ebenso habe Polen ähnliche Gründe wie die Türkei geäußert. Warschau habe deshalb bereits Schritte eingeleitet, um aus der Konvention auszutreten.
Austritt bedeute nicht Befürwortung von häuslicher Gewalt
Die Entscheidung, aus der Istanbul-Konvention auszutreten, bedeute nicht, dass Ankara nicht mehr für den Schutz von Frauen eintrete oder den „Kampf gegen häusliche Gewalt“ aufgegeben habe, so die Erklärung der türkischen Kommunikationsdirektion. Die Türkei werde „weiterhin die Sicherheit und die Rechte aller Frauen“ gewährleisten. Gegen häusliche Gewalt mit einem „Nulltoleranz-Prinzip“ vorzugehen, stehe wie bisher ganz oben auf dem Programm.
In der Erklärung erinnert die türkische Kommunikationsdirektion zudem an die konkreten Schritte, die man unternommen habe, um die Frauenrechte zu wahren und zu fördern. Diese Maßnahmen seien nach wie vor in Kraft. Ankara werde darüber hinaus neue Reformen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen umsetzen. Diese Schritte würden jedoch die „spezifischen Bedürfnisse der Gesellschaft“ berücksichtigen. Die Türkei sei außerdem weiterhin Unterzeichner der UN-Konvention zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen (CEDAW).
Istanbul-Konvention soll darauf abzielen, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern. Sie wurde in 34 Ländern in Kraft gesetzt. Die Ukraine, Slowakei, Großbritannien, Tschechien, Moldawien, Litauen, Liechtenstein, Lettland, Ungarn, Armenien und Bulgarien haben das Dokument zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Die EU unterzeichnete die Konvention am 13. Juni 2017.